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Moralkompensation der Heuchler

Rahim Taghizadegan am 14. Juli 2024

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In Österreich kam eine politische Nachwuchshoffnung unlängst zu einer wichtigen Erkenntnis: Politik habe nicht im Geringsten mit Charakter zu tun! Wie so oft gelang die Erkenntnis nur, weil sie nützlich war. Die Kandidatin wollte sich so unbeholfen aus der Schusslinie nehmen. Einstige Freunde hatten sie gegenüber Journalisten als notorische Lügnerin verpetzt. Da sich einige Lügen auf Bettgeschichten bezogen, und die größten Talente der Nachwuchshoffnung Aussehen und Geschlecht sind, dominierte danach voyeuristisches Interesse die Wahl. Die Medien freute es, denn Aufmerksamkeit ist ihre Geschäftsgrundlage.


Jene Spitzenkandidatin der Grünen hätte lieber über „Inhalte“ gesprochen, die eigentlich im Mittelpunkt guter Politik stehen sollten. Welch absurde Annahme! Warum sollte die Wiedergabe von Meinungen durch die spätpubertäre Tochter eines kommunistischen Bankiers mehr politische Relevanz als ihr Charakter haben? Dass sie diese Meinungen ganz narzisstisch als Erretterin der Menschheit in Richtung Kommunismus für das Klimaheil darstellen, ist so absehbar wie langweilig, und viel eher noch eine Frage des Charakters als der Rhetorik oder Ideologie. Dass solche Meinungen „Konzepte für den Klimaschutz“ wären, kann doch nur den Dümmsten in den Sinn kommen.


Dass die Sinne allerdings so breit und weit vernebelt sind, legt den Schluss nahe, dass Politik vor allem kollektive Verblendung und Verdummung sein muss. Wie beim nackten Kaiser geht es wohl um das gemeinsame Aussetzen des Hausverstands in einem Glaubensbekenntnis, das gerade in seiner Absurdität zusammenschweißt.


Das alte theologische Motiv der heilsbringenden Jungfrau kommt der Narzisstin zupass. Doch sie unterschätzte das Risiko: Wenn die Projektionsfläche enttäuscht, funkelt Hass entgegen. Nicht die Sünde bringt die Menschen auf, sondern das Heucheln. Nahezu jede antireligiöse Reaktion entzündete sich am Charakter- oder Systemmangel des Heuchelns: anderen einen Maßstab vorhalten, den man selbst nicht einhält.


Plakatiert hatten die Grünen das hübsche Gesicht mit dem Gesinnungskitsch „Herz statt Hetze“. Sexismus und Inhaltsleere der antisexistischen Politikerin, der so viel an den Inhalten läge, empörte alleine noch zu wenig, dazu ist die kollektive Verblendung zu groß. Doch dann dokumentierten Indiskretionen, dass die Dame im Privatleben völlig herzlos sei und gegen andere hetze. Der Gegensatz zum Wahlkampfslogan war von peinlicher Offensichtlichkeit. Bis hierhin tat ich nun nichts anderes als ein professioneller Journalist: Ich füllte eine Glosse mit einem tagespolitischen Thema, partizipierte willig am Aufmerksamkeitsstrudel, der alle Sinne raubt, und reihte mich in den Schulterschluss der Leser gegen „Grüne“, die in Deutschland sogar noch unpopulärer als in Österreich sind. Das ist charakterlich vielleicht mies, aber Journalismus hat natürlich nicht im Geringsten mit dem Charakter des Schreibers zu tun, sondern allein mit Inhalten! Weil ich aber am Journalismus gar nicht hänge, erlaube ich mir das Thema vom allzu einfachen Subjekt der gefallenen Jungfrau zum toxischen Mann zu variieren.


Im Überlappungsbereich von Politik und Journalismus verdingen sich die Influencer. Die grüne Politikerin ist eigentlich auch eine solche, deren mediale Reichweite die Parteigranden ganz pragmatisch und aufmerksamkeitskapitalistisch zum Rekrutieren der „Quereinsteigerin“ veranlassten, die lange zögerte, was zumindest für ihre intellektuellen Fähigkeiten spricht. Influencer reiten auf Netzwerkeffekten der Aufmerksamkeit, sie versuchen in ihren Nischen zu Prototypen zu werden.


Einer der erfolgreichsten Bitcoin-Influencer und damit reichweitenstärkste „Libertarian“ sah sich fast gleichzeitig einem „shitstorm“ ausgesetzt, der frappierend der Erfahrung der grünen Kandidatin ähnelt. Das Publikum ist auch hier gespalten. Warum sollte der Charakter auch nur im Geringsten etwas damit zu tun haben, ein großes Publikum für Freiheit und Bitcoin zu begeistern? Warum sollte sich überhaupt jemand für das Privatleben eines Mannes interessieren und für dessen Bettgeschichten?


Auch hier führt die wertneutrale Perspektive nicht zum Relativieren von Werten und Moral. Die Empörung ist nachvollziehbar, sie ist Enttäuschung der „plebs“ über ihren Guru. Als „pleb“ bezeichnet sich das Fußvolk der Bitcoin-Bewegung. Ein Guru schließlich ist stets auch moralisches Vorbild und Sinnbild einer besseren Welt. Gerade Bitcoiner sind beseelt vom Moralismus, dass Bitcoin eine moralisch bessere Welt hervorbringen werde, in der nahezu alles, was heute empört, „gefixt“ sei.


Auch die Freiheits-Influencer können sich dem heutigen Kulturkampf nicht entziehen, der höchstpersönliche Fragen der Ernährung und Beziehung politisiert. Dieser Influencer partizipierte gar am „tradwife meme“, der Sehnsucht nach den guten Frauen und Müttern vor dem heutigen Geschlechterkrieg. Frau und Kind inszenierte er selbst in kitschigen Aufnahmen, die er sozial-medial verbreitete, und bekannte sich natürlich auch zur traditionellen Küche des toten Tiers am Rost.


Und dann, in einem Moment narzisstischer Verirrung, teilte er plötzlich mit aller Welt stolz folgende Bildgeschichte: Seine sexy Freundin, eine hochsexualisierte OnlyFans-Bildschirmprostituierte, bereitete eine glutenfreie Pizza für ihren muskelgestählten Freund zu. Die dermaßen brüskierte Mutter seiner Tochter fühlte sich durch den Influencer missbraucht und teilte auch das mit aller Welt.


Keine Gruppe ist an sich moralischer als eine andere, weder Grüne, noch Bitcoiner oder Libertarians, am allerwenigsten Ethikexperten und Moralapostel. Das Publikum allerdings kann sich so manche Enttäuschung und Empörung ersparen, wenn es das Phänomen kennt, das ich Moralkompensation nennen möchte. Die öffentliche Zugehörigkeit zu einer moralischeren Gruppe, ob Retter des Klimas oder des Abendlandes, korreliert negativ mit eigener Charakterstärke, denn unsere Interessen nehmen den öffentlichen Moralismus nur allzu bereitwillig als Alibi für private Unmoral in Anspruch.

Zuerst erschienen in eigentümlich frei.

Filed Under: Bitcoin, Lebensphilosophie, Scholien

S4-E27: Robotik

Rahim Taghizadegan am 10. Juli 2024

Folgende Exzerpte wurden besprochen:

  • Baum – The Social Science of Computerized Brains – Review of The Age of Em: Work, Love, and Life When Robots Rule the Earth by Robin Hanson (Oxford University Press, 2016)
  • Butler et al. – Microsoft New Future of Work Report 2023
  • Ford – Aufstieg der Roboter
  • Hanson – Human Legacies When Robots Rule The Earth
  • Potter – What Progress Has There Been In Industrial Robots?
  • Yarvin – A techno-pessimist manifesto

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Filed Under: Seminar, Studium Generale

Learning Unleashed: Strategies for Genuine Education

Rahim Taghizadegan am 30. Juni 2024

Bitcoin is for many a profound educational experience, and many bitcoiners engage in education. But education is full of traps. Schools interfere with our education, in particular that of our children, our interests cloud our judgement, and mind viruses loom large in our interconnected society. Get some practical advice and surprising insights from a professional educator and education entrepreneur on how to pursue a worthy education for yourself and your children and how to avoid the traps, even some in „bitcoin education“.

Filed Under: Freie Bildung, Vortrag

Investing and Venture Capital in the Age of Bitcoin

Rahim Taghizadegan am 30. Juni 2024

Everyone has to be a speculator these days, and also bitcoin adoption is largely driven by the price: How to “make more money” to maintain your purchasing power. What would investing, what would venture capital look like in a less distorted financial system? What lessons can the long-term investor draw from history? What is investing, what it is the role of saving, what is the proper role of consumption? How to manage money and time for a good life?

Filed Under: Bitcoin, Vermögensanlage, Vortrag

Grün-roter Opferkult

Rahim Taghizadegan am 28. Juni 2024

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Die herben Wahlverluste der Grünen bei den letzten EU-Wahlen werden nicht ohne Folgen für Europa bleiben. Man könnte sie als Denkzettel betrachten und eine politische Wende erwarten. Das wäre eine Überschätzung des politischen Prozesses. Eher steht zu erwarten, dass grüne Politiker die völlig falschen Schlüsse ziehen und die gesellschaftliche Spaltung mit noch mehr Druck weitergeführt wird.

In Deutschland wie Frankreich halbierten sich die grünen Parteien beinahe, in Österreich blieb der Verlust trotz Regierungsbeteiligung und schweren Vorwürfen gegen die Spitzenkandidatin begrenzt. Die österreichischen Grünen zeigen auf, wohin die europäischen Grünparteien tendieren werden, um ihre Marginalisierung zu verhindern.

Die politische Mobilisierung rund um das Thema Umweltschutz war erst ein kleinbürgerliches Phänomen und vor allem eine Folge des Nachkriegswohlstands in Europa. Die Präferenz für unberührte Natur wächst in den Städten und ist Ausdruck eines klassischen Wertewandels, wie ihn steigender Wohlstand nahezu universell hervorbringt. 1986 erschütterte die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl den Fortschrittsglauben auf der Linken, zumal sich schon andeutete, was 1989 Gewissheit wurde: Das Sehnsuchtsreich der Sowjets, die für Intellektuelle und ihr kleinbürgerliches Publikum fortschrittlichere Alternative zum verachteten Westen, hatte sich als Chimäre erwiesen.

Nun mussten die Mäntel gewendet werden, und es begann die Zeit der politischen Wassermelonen: Unter grüner Schale geduldeten sich rote Hoffnungen, durchsetzt von den dunkelsten Einschlüssen. Die ursprünglich bürgerlichen Grünen waren geeint durch das Prinzip «Nimby» («Not in my backyard!») – die Verhinderung von Projekten, die die Balkonruhe gefährden. Rasch wurden sie verdrängt von den durch das Prinzip genereller Ablehnung geeinten Wassermelonen. Immerhin hatte das falsche Gesellschaftssystem gewonnen, und daran konnte nichts Gutes sein.

Macht kaputt, was euch kaputtmacht – die alte Losung der radikalen Linken passt gut auf das Ergebnis und das Mobilisierungspotenzial neuer «grüner» Politik. Tiefenpsychologisch könnte man von einem Todestrieb sprechen. Degrowth, der alte Wein in neuen Schläuchen, sieht schliesslich Schrumpfung vor, und der kleinste ökologische Fussabdruck ist die tödliche Null.

Zur Motivation und Mobilisierung braucht es immer neue Katastrophen. Nur wenige Jahre hielt sich «Extinction Rebellion» in den Schlagzeilen mit dem Aktionismus junger Menschen, motiviert durch Ideen und Geld von Älteren. Nun droht der nächste Aufguss schon aus dem Aufmerksamkeitsfenster zu rutschen. Was aber soll nach einer «Letzten Generation» denn folgen? Die nun wirklich allerletzte Warnung, dass die eingetretene Katastrophe immer schlimmer werden wird, wenn nicht endlich Weltkommunismus den Kapitalismus ablöst?

Die Wahlaltersenkung in vielen Ländern für die EU-Wahlen, einst Hoffnung linker Parteien auf Ersatz der verlorenen Arbeiter, brachte unerwartete Ergebnisse. Junge Menschen wählen zwar noch grün, aber es handelt sich eher um die konservative Wahl der Angepassten, oft ganz im Sinne ihrer Eltern. Ein wachsender Teil der Jungen wählt Kleinst- und Spassparteien. In Deutschland wählten 28% der Jungwähler «Andere» – die mit Abstand grösste Gruppe. Den stärksten Zuwachs allerdings hatten die «rechten» Parteien.

Die Grünen werden daraus schliessen, dass sie noch jünger auftreten und noch mehr auf «Gerechtigkeit» fokussieren müssen. All die Belastungen grüner Politik seien nicht ausgeglichen genug. Man müsse, um Gerechtigkeit herzustellen, Vermögende noch mehr belasten, damit sich die anderen besser fühlen. Daher brauche man, um den «Klimaschutz» besser zu verkaufen, vor allem «Klimagerechtigkeit».

All das haben die österreichischen Grünen schon berücksichtigt. Sie übergingen ihre Basis und hievten eine 23-jährige Aktivistin aus kommunistischem, aber privilegiertem Elternhaus an die Spitze. Sie hatte mit gutem Aussehen und eloquenter Verbindung von Politikerphrasen mit dem Denglisch der Jugendsprache die mediale Aufmerksamkeit errungen, als Vertreterin der parteifreien «Letzten Generation». Dann liess sie sich entgegen ursprünglicher Überzeugung für die Parteipolitik gewinnen, die immerhin weitere Aufmerksamkeitshebel und hohe Gehälter ohne Kompetenznachweis und Rechenschaft zu bieten hat. Ihr Ex-Freund aus der Grünen Jugend wurde Spitzenkandidat der Kommunistischen Partei, die in Österreich als Untote wiederauferstand und plötzlich Zugewinne einfährt. Paradoxerweise stimmen für diese Partei noch weniger Arbeiter als für die Grünen, nämlich null.

Mit dem Grünwählen können junge Menschen heute niemanden mehr schrecken. Wenn sie offen kommunistisch wählen, schrecken sie vielleicht noch eine Grosstante. Um sich an ihren Eltern zu reiben, bleibt ihnen fast nur noch eine Wahl – und das erklärt den rechten Zuwachs.

Die Nachkriegsgeneration hat in ihrer Selbstgerechtigkeit ihrer Jugend kaum Platz zum Widerspruch gelassen. Lehrer und Medien sind in den letzten Dekaden richtig heiss gelaufen dabei, sich als Erziehungsberechtigte aufzuschwingen und allen die absolute Gutheit einzuträufeln, bis sie bei den Ohren wieder herauskommt. Nur die bravsten Kinder machen, was ihre Eltern und Lehrer glücklich macht. Greta Thunbergs Mutter hat ein ganzes Buch über dieses Mutterglück der Selbstverwirklichung durch die Tochter geschrieben.

Die stolze «Löwenmama» der österreichischen Klimaaktivistin hat bislang nur Interviews gegeben. Beispringen musste sie der Tochter, weil die geschickte Wahlkampftaktik der Grünen nicht ganz aufzugehen drohte. Immerhin ist das wichtigste Attribut, um Junge zum Wählen zu bewegen, Authentizität. Als über die österreichische Quereinsteigerin mit dem Wahlkampfspruch «Herz statt Hetze» aus dem engsten Umfeld an die Medien gespielt wurde, dass sie privat herzlos sei und gegen andere hetze, war das auch einigen Kernwählern zu viel.

Trotz aller Peinlichkeiten von Kandidatin und Partei darf diese Personalwahl aber als Erfolg gelten und wird wohl wegweisend für andere Grüne werden. Nur die britischen Grünen sind beim Pragmatismus der Kandidatenwahl noch weiter. Ein grüner Spitzenkandidat in Leeds pries Allah und deutete seinen Wahlsieg als Sieg für Gaza um. Der grün-rote Todestrieb passt immerhin ganz gut zur im Westen weiterentwickelten Häresie des antiwestlichen Islamismus. Für den eigenen Niedergang muss man dann keine Verantwortung übernehmen. Es reicht, ganz klimagerecht das Klima für all diejenigen zu vergiften, denen es noch besser zu gehen scheint. Kein Wunder, dass viele Neuankömmlinge in Deutschland die Autochthonen «Opfer» nennen.

Das deutsche Wirtschaftswunder im Rückwärtsgang, an dem die Grünen gewiss nicht allein schuld, aber massgeblich beteiligt sind, lässt sich auch am ehesten als Opferkult interpretieren. Es ist stets einfacher, kaputtzumachen als aufzubauen. Am einfachsten ist es, wenn man die Zerstörung noch als Statusgewinn konsumieren kann, immerhin zu den «Guten» zu gehören. Das ist die eigentliche Krise der europäischen Demokratie: Wenn diejenigen, die vorgeblich Klimaschutz, sexuelle Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit wollen, am Ende mehr Emissionen, mehr Frauenmorde, mehr Armut zu verantworten hätten – weil sie eigenen Status und Konsum realitätsflüchtig tatsächlicher Verantwortung vorziehen.

Zuerst erschienen in Finanz und Wirtschaft.

Filed Under: Scholien

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