Rahim Taghizadegan with his talk: “Crypto – Denationalisation of money?” recorded at UNCHAIN Convention 2018 in Hamburg
Vermögensanlage
Argentinische Krisenerfahrungen und Survivalism
Zu einer realistischen Einordnung und Bewertung hier vorgestellter Szenarien und feilgebotener Vorsorgestrategien zur Abwendung individuellen Unheils, ist es besonders interessant, auf zeitlich nahe Fallbeispiele ökonomischer Brüche zurückzugreifen. Einige Bezüge neuer Krisenbücher verweisen auf die schwere Wirtschaftskrise Argentiniens, die das Land ab 1998 in Beschlag nahm. Tatsächlich ließ diese mit Stadien bis hin zum Bankenchaos und Staatsbankrott wenig Extremes vermissen. Eine erste Erkenntnis im Rückblick mag sein, dass es dort trotz des Zusammenbruches des Finanzsystems 2001 und hoher politischer Instabilität in Folge weder zu plündernden Menschenhorden noch zu einer breiten Verflachung der Arbeitsteilung hinunter auf das Subsistenz-Niveau kam.
Der Krisenratgeber Surviving economic collapse des Argentiniers Fernando Aguirre wirbt damit, als einziges dieser Bücher Tipps nach persönlichen Erfahrungen aus erster Hand zu geben. Aguirre erlebte die Geschehnisse als Jugendlicher in Buenos Aires und verließ erst 2011 das Land. Auf den ersten Blick mag es bestechen, eine solch unmittelbare Sammlung und Analyse von Problemen und ihrer Bewältigung in der Krise zu erhalten. Oft liefert die Betrachtung einer Quelle jedoch noch kein hinreichend realistisches Bild. Wahrnehmungen könnten verzerrt, verfügbare Informationen selektiv sein; der Zufall, das persönliche Umfeld aber die Interessen und Anreize des Beobachters spielen, bewusst oder unterbewusst, eine Rolle.
Diese Problematik soll im Kontrast etwas analysiert werden: Die Ausführungen von Aguirre sollten mit einem Interview eines weiteren Augenzeugen – kurz: Luis – verglichen werden. Beide Männer sind ähnlich alt, lebten zur betreffenden Zeit in der selben Stadt und arbeiteten sogar beide als Dozenten für die Universidad de Buenos Aires. Trotz augenscheinlicher Parallelen vermitteln die Berichte tatsächlich ein unerwartet gegensätzliches und relativierendes Bild.
Für Aguirre bestätigt sich im weiteren Geschehen die Analyse eines Lehrers aus seinem Sozialwissenschaften-Seminar des Jahres 2001: Argentinien ein kollabiertes Land auf Dritte-Welt-Niveau, das über keine nennenswerte Mittelklasse mehr verfügt, weil deren weitgehende Mehrheit in die große Schicht der Armen abfiel. Ihr Frust nähre die sozialen Unruhen in einer Gesellschaft ohne Puffer zwischen vielen Armen und wenigen Reichen. Ihm fällt auf, dass sich die Zahl der eingeschriebenen Studenten rasch halbiert habe. Wie er annimmt, weil sich ein Studium in vielen Fällen nicht mehr ausreichend auf das Einkommen auswirke, aus Geldmangel oder der Notwendigkeit Familien durch Hinzuverdienst zu unterstützen. Dagegen hatte Luis kaum Klassenbewegungen erlebt. Er erklärt, dass der öffentliche Sektor einen großen Teil der Mittelschicht beschäftigt und dieser wesentlich besser vergütet wurde als der private. Beide sprechen von sich vervielfältigten Obdachlosen. Luis schreibt dies dem großen Schwarzmarkt zu, in dem sich viele Arme mit kleinen Gelegenheitsarbeiten als Tagelöhner verdingen und deren Einkommen Wohnungs-Mietverhältnisse meist kaum noch ermöglichen. Von daher scheint es plausibel, dass die Schockwellen des Konjunktureinbruches unmittelbar auf die Löhne dieses Marktes für simple, austauschbare Tätigkeiten in sich rasch vergrößerndem Angebot, durchschlugen und in Folge viele Mieten nicht mehr bezahlt werden konnten. Der mit der Krise einhergehende Wertverlust der Landeswährung Peso entfachte im Land einen zeitweiligen Produktionsaufschwung, der freilich nicht nachhaltig war, sondern dem klassischen Muster des Konjunkturzyklus folgt. Luis benennt diese Zeit zwischen den Jahren 2005 bis 2009 als ökonomischen Sommer, in dem es sogar weniger Obdachlose als vor der Krise gab. Seither stabilisierte sich die Zahl der Wohnungslosen auf Vorkrisenstand.
Aguirre gibt an, dass sich durch das Abwerten des Peso Lebensmittel um das Zwei- bis Dreifache verteuert haben. Dies hätte in ärmeren Nordprovinzen zu Unterernährung geführt, weil die durch hohe Arbeitslosigkeit erniedrigten Einkommen nicht immer ausgereichten, um die erforderliche Mindestmenge an Kalorien zur Ernährung einer Durchschnittsfamilie kaufen zu können. Von dortigen Lehrern festgestellte Konzentrationsprobleme mancher Schüler seien auf Unterernährung zurückzuführen gewesen, wie sich später herausgestellt hätte. Zu der strategischen Ortswahl verweist er auf die schlechte Ernährungslage in den Städten während Krisen:
Diejenigen, die in den Städten leben, müssen sich so gut wie möglich zurechtfinden. (…) Die Leute haben die Ausgaben gekürzt, wo immer sie konnten, damit sie Lebensmittel kaufen konnten.
Kryptohype
Kryptowährungen werden geliebt oder gehasst, verklärt oder verteufelt. Für die einen das lang ersehnte staatsfreie Geld, Vorzeichen eines Zeitalters mobiler und digitaler Freiheit, für die anderen
Risiko im Container
Eine relativ neue Alternative sind Beteiligungen an Containern voll mit Importware. Containerinvestments gibt es schon länger am Markt, mit sehr durchwachsener Bilanz für Anleger. Das Containergeschäft ist extrem zyklisch. Neu ist die Finanzierung eines durch den Anleger wählbaren Inhalts, wobei sich theoretisch mehrere Kleinanläger den Container und die Transportkosten für ein bestimmtes Warenvolumen teilen. Die Auswahl der Waren durch die Anleger senkt wie bei Mikrokrediten die Auswahl der Kreditnehmer das subjektive Risikoempfinden.
Das Unternehmen “Container-Angel” bietet etwa Investitionen in asiatische Möbel an. Die tiefen Preise asiatischer Produzenten, Folge niedriger Kosten und verzerrter Wechselkurse, versprechen hohe Renditen. Zwar sind die hiesigen Märkte schon länger mit asiatischer Billigware überschwemmt, dennoch das Maximum ist gewiss noch lange nicht erreicht. Insbesondere bei Möbeln überwiegen noch europäische Bausätze und Handwerkserzeugnisse. Das liegt daran, dass der Transport von Möbeln aufgrund der Größe schwierig ist. Asiatische Möbel liegen noch kaum in Bausätzen vor, meist sind sie Vollholzerzeugnisse. Zudem verknappt der Holzmangel in Ostasien das Angebot.
Erst langsam kommt der deutsche Käufer im Internet an und ist noch ganz beeindruckt von den sich bietenden Schnäppchen. Das erklärt wohl auch den Hype um das sogenannte Drop Shipping. Es erweist sich als lukrativ, bei asiatischen Waren reine Internet-Arbitrage durchzuführen: Diese Waren werden auf europäischen Seiten feilgeboten und erst, nachdem ein Käufer angebissen hat, auf Seiten wie AliExpress bestellt – wobei die Adresse des Käufers schlicht als Empfänger eingegeben wird. Der Käufer hätte selbst auch zu einem Bruchteil des Preises bei AliExpress bestellen können, doch Marketing erhöht den Wert – das “Schnäppchen” im Facebook-Stream ist näher beim Konsumaffekt und daher um ein Vielfaches wertvoller als die selbstgesuchte Ware. Der Nachteil sind lange Wartezeiten, denn die Ware macht sich nun nach der Bestellung auf dem Seeweg von China bis zum heimischen Postkasten auf, was Monate dauert. Das steht aber allenfalls im Kleingedruckten. Oft vergessen dann die Käufer gar auf die Bestellung, was die für den Vermarkter erfreuliche Nebenfolge hat, dass weniger Reklamationen eingehen.
Hohe Renditen sind also durchaus plausibel, die Frage ist nur, wie lange sie bestehen. Reine Arbitrage kann auch leicht wegarbitriert werden. Dass die Spannen geringer werden zeigen steigende Facebook-Preise für Stichwörter, die besonders lukrative Preisspannen im Drop Shipping versprechen. Der Wettlauf um die Leads zu konsumwütigen Smartphone Junkies nährt vor allem die großen Plattformen, bei hochskalierendem (viralen) Konsum sind aber auch für Händler schnelle Reichtümer möglich.
Gewiss ist eigener Transport von Vorteil für die Rentabilität, doch Lagererhaltung erhöht das Risiko. Drop Shipping hat den Vorteil extrem geringer Risiken, darum ist es erstaunlich, dass solche Arbitragemöglichkeiten noch bestehen. Vermutlich geht es den meisten Europäern noch zu gut, um unternehmerisch Preisdifferentiale zu erkennen und abzutragen. Durch Import asiatischer Waren, bei gutem Marketing und damit schnellem Warenumsatz, bei Senkung der Transportkosten durch Skalierung, und guter Warenauswahl ist also durchaus Platz für Renditen weit über den aktuellen Nullzinsen.
Das Angebot von Container-Angel ist eigentlich eine Anleihe, die Emittenten nennen sie “Realwertanleihe”. Das Gesamtinvestitionsvolumen sind bescheidene 250.000 EUR, die Mindestanlagesumme 5.000 EUR, die Laufzeit ein bis zwei Jahre. Versprochen wird eine Verzinsung von zehn Prozent. Als “Sicherheiten” führt der Anbieter an:
Ihre Investition ist entweder auf Ihrem Konto oder in Waren investiert. Sie haben die volle Kontrolle über den Saldo auf Ihrem Konto. Entweder Sie zahlen sich selbst aus oder Sie reinvestieren
Blockchain statt Bargeld?
Blockchain-basierte Kryptowährungen behaupten sich und verkomplizieren dadurch nicht nur die Geldtheorie, sondern auch die Debatte um das Bargeld. Letzteres trägt zwar “des Kaisers” Antlitz