Ein typischer Indikator einer Blasenwirtschaft ist die wachsende Verachtung für Spekulanten und das sinkende Vertrauen in Unternehmen. Die Spekulation scheint eine immer stärkere Volatilität von Preisen anzufachen, und die Unternehmen scheinen sich zunehmend nach der Masse zu richten und bei der Qualität Abstriche zu machen. Beides aus den inhärenten Dynamiken einer Marktwirtschaft zu erklären, ist zwar naheliegend, aber völlig falsch.
Beide Phänomene sind Facetten einer Dynamik, die jeder kreditfinanzierten Blase eigen ist: Die Dummheit des durchschnittlichen Investors steigt ebenso wie die Dummheit des durchschnittlichen Konsumenten. Diese Perspektive bietet neue Indikatoren für die Position im Konjunkturzyklus: Marktbeobachter können sich an der Tendenz der Anlageentscheidungen orientieren (viele klagen über die verblüffende Dummheit, die institutionelle Investoren an den Tag legen). Menschen, welche die Finanzwelt weniger im Auge haben, können ihr Augenmerk dem Konsummarkt schenken: Solange die Absurdität neuer Produkte steigt und die intellektuelle Anforderung der Unterhaltungsformate sinkt, können wir davon ausgehen, uns noch weiter vom realwirtschaftlichen Boden zu entfernen.
Der Grund ist einfach: Wir müssen erklären, woher der Wohlstand der Nachfrager kommt. Da Intelligenz bis zu einer gewissen Schwelle mit der Fähigkeit korreliert, Wohlstand zu mehren und zu bewahren, kann bei Intelligenzmangel nur durch externe Liquiditätszuschüsse Kaufkraft erhalten bleiben: durch Verschuldung und Subventionen. Das ist freilich keine Arroganz des Intelligenten, sondern nüchterne Ökonomik. Ganz im Gegenteil, ich persönlich halte die erwähnte Schwelle, nach der sich die Dynamik umdreht, für weit niedriger als die meisten glauben. Die wirklich kolossalen Fehler und Dummheiten erfordern einen relativ hohen IQ. Allerdings befindet sich unsere Blasenwirtschaft bereits weit unter dieser Schwelle, sodass der durchschnittliche Konsum die durchschnittliche Wertschöpfungskompetenz übertrifft – bzw. die durchschnittliche Anlageentscheidung die durchschnittliche Werterhaltungskompetenz übertrifft.
Was bedeutet sinkende Durchschnittsintelligenz von Investoren und Konsumenten? Es verstärken sich Mitläufereffekte, wodurch Anlagehypes und Kaufmoden ausgeprägter sind: sowohl an der Börse als auch in den Produktzyklen wird die Volatilität größer. Durchschnittlich dümmere Konsumenten bedeuten allerdings nicht, wie viele glauben, einen höheren Beratungsbedarf und dadurch Chancen für den spezialisierten Einzelhandel. Ganz im Gegenteil: Dummheit besteht ja gerade darin, das eigene Wissen zu überschätzen, bzw. gar nicht zu wissen und zu beachten, was man nicht weiß. In der Psychologie nennt man dies den Dunning-Kruger-Effekt. Darum profitieren „brick-and-mortar stores”,Einzelhändler mit Straßenläden, nur in geringem Ausmaß vom steigenden Konsumismus, die meiste Nachfrage wird direkt in digitale und mobile Angebote abgesaugt, die noch niedrigschwelliger, da konsumnäher sind. Und hier befinden wir uns erst ganz am Anfang einer Entwicklung. Die Hoffnung vieler Ökonomen, dass mehr Konsumnachfrage Arbeitsplätze halten würde, ist also auch in dieser Hinsicht völlig verfehlt. Ich werde im Folgenden im Detail zeigen, was hinter dieser Dynamik steckt und warum sie eigentlich kein Marktphänomen ist.
Ein Teil des Textes ist leider nicht öffentlich zugänglich, da der Autor für Freunde schreibt und sich kein Blatt vor den Mund nimmt. Die Intimität der alten Wiener Salons ist im scholarium Voraussetzung der Erkenntnis, die keinerlei Rücksicht auf Empfindlichkeiten nehmen kann. Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit, gerne laden wir Sie dazu ein.