Bedeutet die Digitalisierung das Ende des Eigentums? Werden wir künftig Produktionsmittel nur noch zeitweise nach Bedarf nutzen und sie mit anderen teilen? Wie wichtig ist es, Dinge zu besitzen? Wie
Unternehmertum
Die Marktfeindlichkeit von Künstlern
Der Begriff „Markt” beschreibt das Zusammenfinden von sich meist fremden Tauschpartnern, die freiwillig gewisse Güter nachfragen und dafür andere Güter feilhalten. Der hierbei realisierte Wert entspricht der subjektiven Nutzenerwartung der Marktteilnehmer, die mit den eigenen Werthaltungen nicht immer übereinstimmt, schon gar nicht mit irgendwelchen objektivierbaren Werten. Nun sind Künstler meist Menschen mit ganz ausgeprägten Werthaltungen: über ein hohes ästhetisches Empfinden, den eigenen Qualitätsanspruch und auch die Überzeugung, selbst eine besondere Qualität realisieren zu können. Nicht-Künstler werden hier oft andere Trade-offs eingehen, sie werden ästhetische Abstriche aus ökonomischen Erwägungen in Kauf nehmen, oder es – aus Sicht der Künstler – an Geschmack fehlen lassen. Jeder Mensch, der mit seiner Arbeit auf den Markt geht, findet sich in der unangenehmen Position, mit seinen Produkten und Dienstleistungen Mitmenschen gefallen zu müssen. Die Urteile der Marktteilnehmer können dabei verletzend sein, sie würdigen nur selten die Arbeit und Ideen, die in einer Sache stecken, sondern meist nur deren erwarteten Nutzwert. Dieser kann freilich auch ein ästhetischer oder ideeller Wert sein, muss aber eben nicht mit den Maßstäben des Produzenten übereinstimmen.
Dadurch ist der Markt ein Informationsmedium und auch ein Disziplinierungsinstrument. Er kommuniziert uns über die Zahlungsbereitschaft der Mitmenschen ganz unmittelbar, ungeschönt und ehrlich ihre Werturteile. Während es leicht ist, Worte der Erbauung und Zustimmung zu erhalten – talk is cheap! –, ist das Angebot eines Gegenwerts, eine Zahlung eben, teuer. Dieses Feedback kann uns vor Fehleinschätzungen unserer eigenen Fähigkeiten, der Bedürfnisse unserer Mitmenschen und der Beschaffenheit der Welt bewahren. Natürlich können auch unsere Mitmenschen falsch liegen, uns unterschätzen, uns unter unseren Wert schlagen und Taugenichtse, gar Verbrecher hochschätzen. Je mehr wir aufzuweisen haben, je größer unsere Fertigkeiten, je strenger unsere Maßstäbe, je solider unsere Prinzipien, umso eher werden wir über das Markturteil die Nase rümpfen dürfen. Dabei können wir uns stets für ein unerkanntes Genie halten, doch das könnte eben auch die Rationalisierung eines Narzissmus sein, dem die Wünsche der Mitmenschen nichts gelten. Der Markt hält uns mit seinen Signalen wach, dass wir uns nicht in einen solchen Schlummer gegenüber der Welt wiegen. Der Markt ist das schonungslose Urteil über die derzeitige Realität, den Zustand der Welt und der Menschen. In uns regen sich aber Ideen und Werte, Idealvorstellungen darüber, wie die Welt sein könnte. Nur nach der aktuellen Marktnachfrage zu gehen, würdigt dieses Potential herab. Gerade als Künstler muss man sich an der Welt und den Wünschen und Geschmäckern der Menschen reiben, muss man dem Besseren, Wahreren und Schöneren den Vorzug geben, auch und gerade dann, wenn es nur wenige erkennen und schätzen.
Gute Künstler müssen daher eine innere Distanz zum Markt wahren. Sie müssen ihre Maßstäbe schützen und pflegen. Doch sie dürfen nicht den Fehler machen, sich gegenüber dem Markt ganz taub zu stellen. Nur die wenigsten, die auf diesem Ohr taub sind, denen also die Bedürfnisse und Zahlungsbereitschaft ihrer Mitmenschen gar nichts bedeuten und nichts lehren, sind tatsächlich Genies, die erst nach ihrem Tode den verdienten Ruhm erlangen. Diese wenigsten gibt es zwar. Doch die allermeisten sind bloß arrogante Narzissten, die geschützte Werkstätten für ihre Mittelmäßigkeit, Nahrung für ihr Ego und das Leben auf Kosten ihrer Mitmenschen suchen. Doch die innere Distanz zum Markt steigt nicht nur mit solch narzisstischer Schwerhörigkeit nach außen, sondern auch mit der Höhe der inneren Maßstäbe. Nicht nur die Schlechtesten, sondern auch die Besten fühlen sich am Marktplatz, in der Masse des allgemein Geschätzten, des offensichtlich Nützlichen, des allzu Billigen, stets etwas fremd – nur letztere zu Recht.
Warum aber scheint nun auch die Marktskepsis der Besseren zu wachsen? Steigen die Maßstäbe der Künstler? Oder werden schlicht die Künstler charakterlich immer schlechter, durch künstlich genährten Dünkel schwerhörig und arrogant? Es gibt einen anderen Grund dafür, und er spricht weder gegen die Künstler noch gegen den Markt – er zeigt uns nur die Problematik der Marktverzerrung auf.
Namensgebung
Sind Namen nicht Schall und Rauch? Warum sollte der Name wichtig sein? Geht es nicht primär um den Inhalt? Tatsächlich nimmt die Bedeutung der Namensgebung immer mehr zu. Das liegt an der Informationsökonomik. Marketing ist für die Nicht-Kunden und die Nicht-Freunde da, jene die zu Noch-Nicht-Kunden werden sollen. Da die Aufmerksamkeitsspannen in Zeiten der Informationsinflation abnehmen, hat ein Unternehmen selten den Luxus, Noch-Nicht-Kunden lang und breit die Vorzüge seines Produkts zu erklären. Das Push-Marketing hat ausgedient, der Versuch, vorausgewählte Noch-Nicht-Kunden mit Werbung zu berieseln, bis sie es endlich kapiert haben, wie gut das Angebot ist. Junge Menschen, die in der Informationsinflation und mit digitalen Medien aufgewachsen sind, blenden mittlerweile Werbeleisten völlig aus, weshalb die Werbung in den Content muss – der dadurch natürlich ordentlich verhunzt wird. So gehört die Zukunft dem Pull- oder Permission-Marketing, der Hoffnung, dass die Kunden von alleine kommen, weil sie irgendwo in den Weiten der Information die Witterung irgendeiner molekularen Spur aufgenommen haben und womöglich selbst zu viralen Informationsschleudern werden. Diese molekularen Spuren, Informationsfetzen und Stille-Post-Rückstände passen freilich nur durch die allerkleinsten Fenster. Auf diese Ausdünnung der Informationskanäle muss sich also das Marketing einstellen und seine molekularen Duftmarken immer präziser am Code ihrer Noch-Nicht-Kunden ausrichten. Es geht darum, neue Kategorien zu besetzen, nach denen sich die Noch-Nicht-Kunden bereits sehnen, ohne für diese Sehnsüchte bereits plausible Antworten gefunden zu haben. Denn in den bereits besetzten Kategorien wird es durch laufende Konzentration immer enger.
Der Name ist die erste und kleinste Duftmarke. Danach kommt die sensorisch-visuelle Anmutung der Marke, dann Produkt-Verpackung und/oder Website bis hin zum Produkt selbst am Ende dieser engen Aufmerksamkeitsstraße. Daher kommt die Explosion von möglichst kurzen, irgendwie englischen Start-up-Namen. Alles Moleküle, die aufgeregt vor den kleinen Nasenlöchern tanzen, denen das Wettduften zunehmend stinkt. Aber wenn einen die Kunden nicht riechen können, dann hilft aller Weltschmerz nichts – der Produkterfolg ist ungewiss und wahrscheinlich ist man ewig zum Schicksal eines kleinen Handwerkers verurteilt: harte Arbeit, ein Kunde nach dem anderen, schön der Reihe nach, und niemals kommt die Erlösung der Skalierung, durch die man Regulierungs- und Steuerdruck ein wenig abhängen könnte. Das gelingt nämlich nur im seltenen Fall, in dem die Zahl der Kunden schneller wächst als die der Rechnungen, Bescheide und Formulare – und wie sollte das ohne Marketing gelingen?
So kommt man also nicht umhin, sich einen weltbewegenden Namen auszudenken. Die Kriterien dafür sind allerdings eng und machen die Namensfindung so schwer. Folgende Bedingungen muss ein geeigneter Name erfüllen:
- sowohl im internationalen Radebruch-Englisch als auch in den Sprachen der Unternehmensheimat keine negativen Assoziationen