Blockchain-basierte Kryptowährungen behaupten sich und verkomplizieren dadurch nicht nur die Geldtheorie, sondern auch die Debatte um das Bargeld. Letzteres trägt zwar „des Kaisers“ Antlitz
Geopolitik
Wahlkampf: Lukrative Polarisierung oder Propaganda?
Schadenfreude ist angebracht, wenn die sozialdemokratische Partei über teure Berater stolpert und die, mit Subventionen und Anzeigen selbst angefütterte, Gratispresse nun über sie herfällt. Der Konflikt Christian Kern gegen Medienmacher Wolfgang Fellner erinnert ein wenig, mit umgekehrtem Vorzeichen, an den Konflikt Donald Trump versus CNN. Die mediale Gegnerschaft halten die einen für ein Anzeichen innerparteilicher Richtungskämpfe, die anderen für rein wirtschaftlich bedingt. Diese Einschätzung hängt mit der Frage zusammen, ob Medien eher kommerziellen Anreizen der Aufmerksamkeitsbewirtschaftung oder ideologischen Absichten der Propaganda folgen.
Die erste Erzählung geht so: Das unverschämte Auftreten von Trump generierte Aufmerksamkeit, diese Aufmerksamkeit brachte höhere Werbeeinnahmen. Dadurch profitierten Medien, die die Polarisierung noch anheizten, indem sie besonders empört reagierten – um den Preis, dass Trump ebenso von erhöhter Aufmerksamkeit profitierte. Diese Spirale habe Trump ins Weiße Haus gebracht und CNN über eine Milliarde Dollar Gewinnzuwachs. CNN hatte vor dem Wahlkampf an sinkenden Einschaltquoten gelitten, war zur Hintergrundberieselung in Hotel- und Flughafenhallen geworden, die niemanden mehr wirklich interessierte. Nun hat sich der Sender deutlich erfangen. Auf Österreich umgemünzt und umgedreht, wird das so ausgelegt: Der Sender oe24.tv (von Wolfgang Fellner, in Kooperation mit CNN!) sei Hauptnutznießer, doch da Christian Kern einer von den „Guten“ ist, kann er nicht von der Empörungswelle profitieren und ist das Opfer der von ihm selbst beauftragten „Schmutzkübelkampagne“.
Die zweite Erzählung geht so: Trump sei das Resultat eines Konflikts innerhalb der Republikaner, bzw. zwischen deep state und weniger tiefen Politikebenen. Leute aus den eigenen Reihen hätten über Indiskretionen, Empörung, Skandalisierung die Gegnerschaft zu Trump befördert. Der Aufmerksamkeitsgewinn sei daher ein unbeabsichtigter blowback, ein Kollateralschaden des inneren Konfliktes. So sei es auch bei der SPÖ: Mehrere Flügel sind sich spinnefeind. In der Vorbereitung des Wahlkampfs sei es sogar zu Handgreiflichkeiten gekommen, wird kolportiert. Nun sei Kern das Opfer dieser Flügelkämpfe, welche Indiskretionen und Konflikte nährten.
Wenn zwei konträre Erzählungen plausibel scheinen, dann ist meist eine Kombination richtig. Selbstverstärkungen verkomplizieren das Bild. Christian Kern ist ein Politgünstling, der in einem Staatsbetrieb mit Milliardenzuschuss die Rolle eines hochbezahlten „Managers“ spielen durfte. Als moderner Managertyp mit Machercharme im Slimfit-Anzug machte sich Kern den Zynismus des Pragmatikers zu eigen und kaufte sich Spin zu. Das hätte gutgehen können, war aber riskant. Selbst ideologiebefreit umgab er sich mit anderen Pragmatikern, für die eine Partei nur noch eine Verpackung ist, die sich beliebig modifizieren und auswechseln lässt. Die Aufmerksamkeitsvolatilität der Medienblasen verschafft neue Hebel für Polit-Spins, aber eben auch neue Risiken: Wenn die Fassade bröckelt, kann es zu einem viralen Run auf die Trümmer kommen.
Dominant sind im Medialen wie im Politischen heute in der Tat Anreize und Sachzwänge. In Sachen Aufmerksamkeit wäscht eine Hand die andere. Die neue Prinzipienlosigkeit führt aber nicht zu einem langweiligen Grau, sondern verstärkt Schwarz und Weiß. Der Drang, allen gefallen zu wollen, nährt paradoxerweise die Konflikte. Christian Kern ist „Opfer“, so ja auch der Schluss beider Erzählungen, aber im neudeutschen Sinne: Seine narzisstische Rückgratlosigkeit, die immer noch besser ist als ideologische Verbissenheit, hat ihn zur Schizophrenie genötigt, „professionell“ an die Sache heranzugehen und damit erst so richtig machiavellistisch zu werden. Trumps Narzissmus hat ihn umgekehrt zu Unprofessionalität gedrängt, was gewiss allerlei Raum für die machiavellistischen Taktiken anderer ließ. Das Ergebnis drängt in beiden Fällen Zweifel auf, ob nicht Verschwörungen hinter der Wahlkampfimplosion des ersteren und der Wahlkampfexplosion des letzteren stehen. Die volatilen Paradoxien mitläuferischer Selbstverstärkung lassen eben viel Raum für Manipulationsversuche. Diese gehen aber zum Glück nicht immer gut: Sie können als Rohrkrepierer enden, sie können viralen Erfolg haben, aber auch die Risiken nehmen massiv zu, genau das Gegenteil des Geplanten zu erreichen. Das macht am Ende wieder Hoffnung.
Die Spaltung der Parteien ist letztlich unausweichlich, denn es kann auf Dauer kaum gelingen, rückstandsfrei alle Ideologen durch Pragmatiker zu ersetzen oder alle Pragmatiker durch Ideologen. Beide Seiten haben in ihrer Polarität Verachtenswertes und Sympathisches an sich. Sie sind eben halbseitige Existenzen. In den Medien zeigt sich dasselbe Dilemma: Prinzipienlose Pragmatiker und ideologische Umerzieher spielen sich mal gegenseitig die Bälle zu, mal befinden sie sich in offenem Krieg. Zum Glück gibt es diese zwei Seiten der menschlichen Existenz, diese Dualität durchkreuzt langfristig die meisten Pläne. Zwischen falschem Unternehmertum auf Kosten anderer, durch „Manager“ und „Medienmacher“, und falschen Überzeugungen, zwischen mitläuferischer Umgänglichkeit und unbescheidener Unverschämtheit, liegt die schwierige Mitte, weder „Opfer“, noch Täter zu sein.
Neue Rechte gegen Neue Linke
Vermeintliche „Linke“ schlagen Hamburg kurz und klein. Neue „Rechte“ provozieren im Internet, beschreiten neue Wege des Aktivismus und verbreiten merkwürdige „Memes“.
Sommergespräche 2017 Rahim Taghizadegan – Privat statt Staat
Sommergespräch „Privat statt Staat“ mit Rahim Taghizadegan
Amerikanische Weltbewirtschaftung – eine chinesische Perspektive
In geopolitischer Dimension bedeutet dies, dass der Hauptnarrativ der USA als wohlwollendes Imperium durch andere Mitspieler in der multipolaren Weltordnung (Russland, China) angegriffen wird. Ein Großteil dieser realpolitischen Analysen führt die globale Dominanz der USA mehrheitlich auf Rüstungsausgaben, Flottenstärke und ausländische Militärbasen zurück. Globale Dominanz jedoch nur auf die Stärke und Schlagkraft einer Armee zurückzuführen, ist insbesondere in einer wirtschaftlich stark vernetzten Welt ein unzureichender Erklärungsansatz. Insbesondere die Macht, die von der weltweiten Leit- und Reservewährung US-Dollar ausgeht, muss bei einer realistischen Analyse miteinbezogen werden. Dies hat jüngst Qiao Liang, ein General der chinesischen Volksbefreiungsarmee, in einem Vortrag zum Ausdruck gebracht. Er sieht eine hybride Kriegsführung, die auf finanz- und wirtschaftspolitische Aggression setzt, an Bedeutung gewinnen.
Die Nachkriegsordnung nach 1945 basierte im Wesentlichen auf drei institutionellen Säulen: dem politischen System der vereinten Nationen, dem Handelssystem der WTO (zunächst GATT) und dem Finanzsystem des Bretton Woods-Abkommens. Insbesondere letzteres war von überragender Bedeutung für die Steuerung der Weltwährungen über die Koppelung an den US-Dollar. Wie Murray Rothbard in seinem Buch „Das Scheingeldsystem“ nachzeichnete, hat insbesondere die Hochinflationspolitik der USA, die jene zur Finanzierung weltweiter Kriege notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt hat, den realen Außenwert des US-Dollars unter Druck gesetzt. Entstehende Handelsbilanzdefizite gegenüber den Ländern Westeuropas, die sich nach dem Krieg wirtschaftlich rasch erholten, führten zur Anhäufung großer US-Devisenreserven – eine Entwicklung, die allen voran die französische Regierung skeptisch betrachtete. Präsident De Gaulle forderte mit Nachdruck die Einlösung der Devisenreserven in Gold, und auch andere Länder stellten Teile ihrer Reserven „fällig“. Es war der Beginn vom Ende des Nachkriegswährungssystems von Bretton Woods, und im August 1971 erklärte der damalige US-Präsident Nixon die temporäre Aussetzung der Bindung des Dollars an Gold – wie wir heute wissen, war diese jedoch endgültig. Die USA standen vor einem finanzpolitischen Trümmerhaufen, und die Sorge war berechtigt, dass nun der Dollar lediglich grün bedrucktes Papier wäre, seines Vertrauens als kaufkräftige Währungseinheit beraubt. Was zunächst als Nachteil interpretiert wurde, entwickelte sich für die USA jedoch zum entscheidenden Durchbruch auf dem Weg zum Weltimperium. Liang gibt folgende Einschätzung:
Wenige Menschen hatten von den Vorgängen [Lösung der Goldbindung, Anm.] ein klares Verständnis. Bürger und auch Ökonomen und Finanzexperten haben nicht realisiert, dass das