Was erklärt die demographischen Dynamiken unserer Zeit? Sterben die Europäer aus? Brauchen wir Zuwanderung? Welche Gründe gibt es, Kinder zu zeugen? Welche sprechen dagegen? Welche Herausforderungen
Freie Bildung
MOOC – Die Illusion der Didaktik
Da man nur Sachverhalte gut erklären kann, die man selbst gut verstanden hat, wäre es naheliegend, zunächst die fachliche Qualifikation von Lehrern zu betrachten. Der Gedanke steht hinter dem Druck zur Akademisierung der Lehrerschaft. In der Tat können fachlich herausragende Menschen mit großer Leidenschaft für ihren Fachbereich einzelne Schüler viel eher begeistern, als jene, die Wissen aus Lehrbüchern durchpauken. Doch diese Einzelmomente fachlicher Begeisterung sind leider rar. Auf den Anteil an behaltenem Wissen des Durchschnittsschülers haben sie kaum Auswirkung. Ganz im Gegenteil sind die fachlich besonders qualifizierten Lehrer nicht immer didaktisch besonders qualifiziert, neigen zu Strenge und Ungeduld mit dem typisch-desinteressierten Schüler. Eine einflussreiche Studie aus 1985 schockierte mit dem Ergebnis, dass fachliche Qualifikation überhaupt nicht mit den Lernergebnissen korreliert. Darin wiesen die Physiker Halloun und Hestenes nach, dass der typische Frontalvortrag, selbst von den fachlich besten, gar preisgekrönten Physikern, bei Collegestudenten kaum zu dokumentierbaren Lernfortschritten führt.
Die zweite These, die sich daraufhin anbot, besteht in der Vermutung eines didaktischen Versagens der Methodik. Zwei Ansätze folgen hierauf: Interaktion und Gestaltung der Inhalte. Studien (zum Beispiel von Richard Hake oder Scott Freeman) zeigten, dass Interaktion zu wesentlich höheren Lernfortschritten führt. Wenn die Schüler bzw. Studenten sich Wissen gemeinsam und diskursiv aneignen, so behalten sie mehr davon. Diese Einsicht steht hinter dem Druck zur Gruppenarbeit. Das alte Gymnasium kannte diese überhaupt nicht. Heute ist die Gruppenarbeit Standard an Schulen und Universitäten. Doch hat sich der Wissenstransfer verbessert? Nichts deutet darauf hin. Das Problem der Interaktion sind stets die Interagierenden. Gruppenarbeit bedeutet in der Praxis oft nur verlangsamte Einzelarbeit. Manchmal, insbesondere im Studienfach Physik, funktioniert die Interaktionsdidaktik. Je homogener und interessierter die Gruppe, desto größer der Lernfortschritt. Doch Schüler und Studenten werden durch die Massenbeschulung und Massenakademisierung immer heterogener, während das Durchschnittsinteresse erfolgreich ausgetrieben wird. Demotivierte Schüler lasten dann den wenigen Strebern die Gruppenarbeit auf, sofern diese zu notenrelevanten Ergebnissen führen muss. Wirken sich die Ergebnisse nicht auf die Benotung aus, so verkommt die Gruppenarbeit zur Ausrede für Lehrer und Schüler, weniger produktiv zu sein. Interaktion ist nur dann wissensrelevant, wenn sie sokratisch erfolgt: Wenn sich echtes Interesse mit nötiger Kompetenz verbindet.
So bleibt der zweite Ansatz übrig: Könnte der mangelnde Wissensdurchsatz an falscher didaktischer Gestaltung liegen? In der Tat ist es beim Vortrag schwierig, die Aufmerksamkeit der Zuhörer durchgehend zu halten. Womöglich verstärkt sich diese Problematik durch die sinkenden Konzentrationsspannen junger Menschen aufgrund medialer Überreizung. Wenn das gesprochene Wort an der Tafel so wenig Aufmerksamkeit zu halten vermag, könnten dann nicht moderne didaktische Hilfsmittel hier dienlich sein? Dieser Gedanke steht hinter dem Druck zur Digitalisierung. Oft ist die Rede von der neuen Gattung des MOOC – Massive Open Online Course. Dabei handelt es sich um digital übertragene Lehreinheiten. Diese können schlichte Vorträge sein, aber der Kreativität bei der Gestaltung sind kaum Grenzen gesetzt. Es handelt sich um Videos oder Foliensätze, die Animationen erlauben. Krankt die Schule und Universität also bloß daran, dass sie vielleicht seit der Tafel nicht allzu viel technische Entwicklung erfahren hat?
Heutige Vorlesungssäle, insbesondere jene, die Staat, Banken oder Konzerne finanzieren, sind oft mit modernster Technik angefüllt. Günstiger und auch für den Heimgebrauch möglich wird die digitale Gestaltung freilich durch das Internet, wo es keine Säle mehr braucht, sondern die Schüler vor ihrem Schirm zuhause sitzen. Professorin Barbara Oakley hat diesen Weg gewählt und beglückwünscht sich in einem Artikel zu ihrem großen Erfolg: Sie hat den Kurs „Lernen lernen“* erstellt und hält ihn für einen der „weltweit populärsten MOOCs”, der bereits Leben verändert habe. Sie selbst habe für die Entwicklung dieses weltbesten Kurses nur $5.000 aufwenden müssen. Das erscheint schon hoch für eine Reihe von Videos, Texten und Multiple-Choice-Tests*. Doch sie begründet plausibel, warum es diesen Aufwand braucht und worin er bestehen sollte:
Von der hohen Geschwindigkeit bei Grand Theft Auto bis zum Geld, das in einem Trockner herumfliegt bei Breaking
Infantilisierung und Aggression an Universitäten
Vielleicht können solche Rituale die alten Initiationsriten ersetzen, die einst an der Universität üblich waren. Diese waren bewusst nicht jugendfrei und nahmen Schmerzen und Schmach in Kauf, um eine Hürde zu bilden: Die Funktion eines Initiationsritus ist stets, einen Übergang in eine neue Lebensphase zu markieren, und sich den Ernst dieses Übergangs völlig klar zu machen. Zwar fasste die mittelalterliche Universität teilweise wesentlich jüngere Studenten als heute, doch die Infantilität scheint heute den Klimax zu erreichen. Ein Aspekt des Erwachsenwerdens ist, die Konsequenzen seines Tuns zu tragen: Wer Gewalt sät, sollte Gewalt ernten. Darum hat die Initiation oft einen Gewaltbezug – nicht um die Gewalt zu verherrlichen, sondern eine Lernerfahrung über ihre Folgen zu erzwingen. Für eine Beteiligte in Berkeley hätte es eine Lernerfahrung sein können: Eine Studentin hatte zuvor angekündigt, ideologische Gegner für Meinungsverbrechen zu „skalpieren”. Als sie zur Tat schreiten wollte, wehrte sich aber die Rothaut mit einem Faustschlag und behielt den Skalp.
An alten oder neuen Initiationsriten dieser Art liegt mir wenig, sie im Umfeld einer Universität zu sehen, sollte peinlich sein. Ich würde bloß argumentieren, dass hier ein natürliches Korrektiv liegt: Eine Institution, die sich über dem Niveau eines Kindergartens wähnt, wird auf Infantilisierung mit Initiationsriten antworten. Bloß die Initiationsriten wegzulassen, führt noch nicht automatisch zu höherer Reife. Der Verzicht auf konkrete, physische Initiationsriten kann auch zum Verbleib in einer Parallelwelt führen, die man in Japan den Kokon nennt: der Umstand, dass besonders verwöhnte Einzelkinder, die in hohem Wohlstand aufwachsen, völlig das Gefühl für die Wirklichkeit verlieren und nur noch in virtuellen, digitalen oder ideologischen Scheinwelten leben.
Eine toxische Symbiose bildet das Phänomen der politischen Korrektheit nun mit dem gegenwärtigen Geschäftsmodell der Universitäten – der möglichst raschen und skalierbaren Ausstattung von Massen mit Bildungs-Zertifikaten. Dies führt zu einer Dynamik, die Ökonomen als moralischen Wagemut (moral hazard) bezeichnen. Studenten haben den Anreiz, eigenes Versagen (schlechte Studien- und Prüfungsleistungen) auf das Lehrpersonal abzuwälzen. Die hierfür verwendeten Vorwände sind Diskriminierung, Sexismus, nicht Gender-neutrale Sprache, mangelnde Inklusion etc. Die meisten Professoren und Lektoren geben diesem Druck mit einer Inflationierung von guten Noten bei – durch massive Herabsetzung des Prüfungsniveaus. Alle anderen verlassen, freiwillig oder unfreiwillig, den Lehrbetrieb. Bislang nur in den USA und nur im Digitalen können auch die Truppen der politischen Unkorrektheit einen vergleichbaren Druck aufbringen. An manchen US-Universitäten regt sich deutlicher Widerstand. Ein Beispiel, das einige Wellen geschlagen hat, war der Willkommensbrief der University of Chicago an Erstsemester. Studiendekan John Ellison wandte sich darin wie folgt an neu eingeschriebene Studenten:
Unsere Verpflichtung
„Man erkennt den Halbgebildeten daran, dass er glaubt, er weiß schon alles!“ Rahim Taghizadegan
Auf der 8. Hamburger Mark Banco Anlegertagung wurde Rahim Taghizadegan mit der Roland-Baader-Auszeichnung geehrt. Im Rahmen dieser Veranstaltung haben wir uns u.a. über Roland Baader, sein Institut,
Bildungsfreiheit
Was ist Bildung, was ist Unbildung? Ist Bildung Voraussetzung der Freiheit oder Freiheit Voraussetzung der Bildung? Was spricht für Schulzwang, was dagegen? Woher kommt dieser Zwang; warum wird er