Wenn in einem Niedrigzinsumfeld hohe Rendite erzielt werden können, so sind diese ebenso verlockend wie verdächtig. Dank der Ungewissheit im menschlichen Handeln sind einzig Unternehmerrenditen potentiell unbeschränkt (wenn wir politische Beutezüge beiseite lassen), doch bieten diese kein sicheres Einkommen, dafür die hohe Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts. Die Sehnsucht nach hohen, aber prozentuell festen Renditen adressieren zahlreiche alternative Anlageprodukte, einige davon, wie etwa P2P-Kredite und Crowdinvesting, wurden hier schon kritisch beleuchtet.
Eine relativ neue Alternative sind Beteiligungen an Containern voll mit Importware. Containerinvestments gibt es schon länger am Markt, mit sehr durchwachsener Bilanz für Anleger. Das Containergeschäft ist extrem zyklisch. Neu ist die Finanzierung eines durch den Anleger wählbaren Inhalts, wobei sich theoretisch mehrere Kleinanläger den Container und die Transportkosten für ein bestimmtes Warenvolumen teilen. Die Auswahl der Waren durch die Anleger senkt wie bei Mikrokrediten die Auswahl der Kreditnehmer das subjektive Risikoempfinden.
Das Unternehmen “Container-Angel” bietet etwa Investitionen in asiatische Möbel an. Die tiefen Preise asiatischer Produzenten, Folge niedriger Kosten und verzerrter Wechselkurse, versprechen hohe Renditen. Zwar sind die hiesigen Märkte schon länger mit asiatischer Billigware überschwemmt, dennoch das Maximum ist gewiss noch lange nicht erreicht. Insbesondere bei Möbeln überwiegen noch europäische Bausätze und Handwerkserzeugnisse. Das liegt daran, dass der Transport von Möbeln aufgrund der Größe schwierig ist. Asiatische Möbel liegen noch kaum in Bausätzen vor, meist sind sie Vollholzerzeugnisse. Zudem verknappt der Holzmangel in Ostasien das Angebot.
Erst langsam kommt der deutsche Käufer im Internet an und ist noch ganz beeindruckt von den sich bietenden Schnäppchen. Das erklärt wohl auch den Hype um das sogenannte Drop Shipping. Es erweist sich als lukrativ, bei asiatischen Waren reine Internet-Arbitrage durchzuführen: Diese Waren werden auf europäischen Seiten feilgeboten und erst, nachdem ein Käufer angebissen hat, auf Seiten wie AliExpress bestellt – wobei die Adresse des Käufers schlicht als Empfänger eingegeben wird. Der Käufer hätte selbst auch zu einem Bruchteil des Preises bei AliExpress bestellen können, doch Marketing erhöht den Wert – das “Schnäppchen” im Facebook-Stream ist näher beim Konsumaffekt und daher um ein Vielfaches wertvoller als die selbstgesuchte Ware. Der Nachteil sind lange Wartezeiten, denn die Ware macht sich nun nach der Bestellung auf dem Seeweg von China bis zum heimischen Postkasten auf, was Monate dauert. Das steht aber allenfalls im Kleingedruckten. Oft vergessen dann die Käufer gar auf die Bestellung, was die für den Vermarkter erfreuliche Nebenfolge hat, dass weniger Reklamationen eingehen.
Hohe Renditen sind also durchaus plausibel, die Frage ist nur, wie lange sie bestehen. Reine Arbitrage kann auch leicht wegarbitriert werden. Dass die Spannen geringer werden zeigen steigende Facebook-Preise für Stichwörter, die besonders lukrative Preisspannen im Drop Shipping versprechen. Der Wettlauf um die Leads zu konsumwütigen Smartphone Junkies nährt vor allem die großen Plattformen, bei hochskalierendem (viralen) Konsum sind aber auch für Händler schnelle Reichtümer möglich.
Gewiss ist eigener Transport von Vorteil für die Rentabilität, doch Lagererhaltung erhöht das Risiko. Drop Shipping hat den Vorteil extrem geringer Risiken, darum ist es erstaunlich, dass solche Arbitragemöglichkeiten noch bestehen. Vermutlich geht es den meisten Europäern noch zu gut, um unternehmerisch Preisdifferentiale zu erkennen und abzutragen. Durch Import asiatischer Waren, bei gutem Marketing und damit schnellem Warenumsatz, bei Senkung der Transportkosten durch Skalierung, und guter Warenauswahl ist also durchaus Platz für Renditen weit über den aktuellen Nullzinsen.
Das Angebot von Container-Angel ist eigentlich eine Anleihe, die Emittenten nennen sie “Realwertanleihe”. Das Gesamtinvestitionsvolumen sind bescheidene 250.000 EUR, die Mindestanlagesumme 5.000 EUR, die Laufzeit ein bis zwei Jahre. Versprochen wird eine Verzinsung von zehn Prozent. Als “Sicherheiten” führt der Anbieter an:
Ihre Investition ist entweder auf Ihrem Konto oder in Waren investiert. Sie haben die volle Kontrolle über den Saldo auf Ihrem Konto. Entweder Sie zahlen sich selbst aus oder Sie reinvestieren wieder in einen Container. Wenn Sie in einen Container investiert haben, ist Ihre Ware immer, entweder in der Logistik oder sie befindet sich in einem unserer Lager. Ihre Ware ist immer gegen alle Möglichkeiten, wie Diebstählen/ Beschädigungen/ Feuer etc. versichert. Somit ist Ihrer Ware zu jederzeit abgesichert. Sollten z.B. auf Grund einer Rezession die Aktienmärkte abstürzen, ist der ContainerAngel immer noch im Besitz seiner Ware, die versichert ist und weiterhin zum Verkauf angeboten wird.
Die Kernfrage bei solchen Anlagen ist aber stets: Warum zahlt ein Unternehmen so hohe Zinsen in einem Nullzinsumfeld? Wenn die Waren wirklich so attraktiv sind, müsste doch der vorhandene Cashflow irgendeine Bank überzeugen, Liquidität zuzuschießen. Banken erfordern allerdings echte Sicherheiten und Lagerbestände der eigenen Handelsware, auch wenn diese selbstverständlich versichert sind, fallen nicht darunter. Der Grund dafür,unter Umgehung der Banken das Glück bei der Crowd zu versuchen, liegt trotzt höherer Verzinsung bei höherer Rentabilität. Doch hat auch der Anleger etwas davon?
Ein Teil des Textes ist leider nicht öffentlich zugänglich, da der Autor für Freunde schreibt und sich kein Blatt vor den Mund nimmt. Die Intimität der alten Wiener Salons ist im scholarium Voraussetzung der Erkenntnis, die keinerlei Rücksicht auf Empfindlichkeiten nehmen kann. Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit, gerne laden wir Sie dazu ein.