Als das moderne Südafrika nach der Apartheid die Massendemokratie einführte, empfanden Deutsche einen historischen Auftrag, hierbei behilflich zu sein. Schließlich war der Bundesrepublik der Schritt in die Moderne aus vermeintlich noch viel schlechterer Ausgangslage gelungen. So entsandte man die mittlerweile übliche Armada an Experten in das Land und bescherte Südafrika eine Kopie des deutschen Grundgesetzes als Verfassung.
Diese Expertise, genau wie jene der sonstigen Entwicklungshelfer, dient vor allem den Experten: Sie bekommen Reputation, Budgets und Gehälter. Den Geholfenen bleibt nur der Schaden, und der wird stets unterschätzt.
Südafrika ist ein künstliches Konstrukt mit mindestens elf völlig unterschiedlichen Nationen. Deutschland als Vorbild zu nehmen, ist fast so absurd, wie Afghanistan nach US-Vorbild umgestalten zu wollen. Auch im letzteren Fall dienten die aufgewandten Unsummen vorwiegend den „Helfenden“.
Deutschland wurde in einem langen historischen Prozess kultureller Ethnogenese und in einem rapiden politischen Prozess ethnischer Säuberungen im Wahnsinn des letzten Jahrhunderts zu einem homogenen Nationalstaat. Diese Homogenisierung bringt zwar ständige Gefahr einer Gleichschaltung mit sich, aber auch den vorübergehenden Vorteil
einer Hochvertrauensgesellschaft und höherer Institutionenkapazität. Beides führt zum Eindruck einer funktionierenden „Demokratie“, was deutschen Politikern und anderen „Demokratie-Experten“ globales Prestige beschert, das sie gierig konsumieren.
In Südafrika gab es keinen solchen kulturellen Prozess, der aus elf Nationen eine gemacht hätte, weil er völlig unmöglich ist. Die Identitäten haben nicht nur andere Muttersprachen, sondern gehen mit anderem Aussehen, anderen Mentalitäten, anderen Lebensformen, anderer Geschichte und teilweise anderer religiöser Grundlage einher. Der politische Prozess ethnischer Säuberungen wurde zwar unbewusst durch die deutschen Experten legitimiert und angestoßen, kam aber zum Glück noch zu keiner Endlösung, vor allem weil all die Schulung von Politikern und Beamten noch keine deutsche Gründlichkeit anerziehen ließ. An den Universitäten, die westliche Weiterbildung in Sachen „Wokeness“ erfahren und deutschem Vorbild folgend staatlich endsubventioniert wurden, leiten wissenschaftliche Arbeiten aber schon die Notwendigkeit eines Genozids ab, um endlich zu einer harmonischen und friedlichen Gesellschaft zu kommen.
Unlängst wurde ein Versuch vereitelt, den südafrikanischen Wohlfahrtsstaat basisdemokratisch auszubauen, um endlich deutsches Niveau zu erreichen. Eine große Zahl an Umverteilungsfachkräften zog plündernd durch das Land und konnte das Reichtumsproblem um mehrere Milliarden Euro Schaden lindern. Reaktionäre Kräfte hatten sich davor gegen eine friedensfördernde Entwaffnungsinitiative nach deutschem Vorbild gestemmt, die nun politisch vom Tisch ist. Gemeinden konnten daher in Selbstorganisation Milizen aufstellen und die Plünderwelle stoppen – was wahrscheinlich ein rassistisches Hassverbrechen war, auch wenn hauptsächlich Dunkelhäutige ihre kleinen Läden schützten. Die Polizei widmet sich nach deutschem Vorbild überwiegend Verkehrsstrafen und wichtigen Formularen. Das Militär darf dank Verfassung zum Schutz inländischer Bürger nicht eingesetzt werden, abgesehen davon, dass es nur noch wenige Genderlehrgänge von der Wehruntauglichkeit einer Bundeswehr entfernt ist.
Die deutschen Experten sitzen vielen Irrtümern auf. Für Irrtümer, die so lohnend sind, ist aber Täuschung der bessere Ausdruck, denn er setzt Bewusstsein nicht voraus, schließt aber den Nutzen nicht aus. Die größte aller Täuschungen ist die, dass die Menschen in Südafrika so viel von deutschen Akademikern und Politikern zu lernen hätten, um irgendwann in Zukunft so gut und toll wie Deutschland zu werden. Deutschland wird also als Zukunftsmodell präsentiert.
Das glatte Gegenteil ist wahr. Südafrika ist die Zukunft Deutschlands. Steigende Heterogenität der Ethnien, Interessen und Weltbilder bei hohem Grad von Etatismus bedeutet zwangsläufig ein Ende der Plünderharmonie, in der jeder frei nach Bastiat der großen Täuschung folgt, selbst Nutznießer zu sein. Südafrika ist aber nicht bloß ein mit deutscher Expertise und viel Geld am Leben gehaltener „failed state“, sondern in der Tat ein Zukunftsmodell, von dem Deutsche noch viel zu lernen haben.
Weil der Staat so dysfunktional ist und in der typischen Umdrehung der „woke“-Religion zutiefst rassistisch, ist das Vertrauen in den Staat gering. Diejenigen, die diskriminierten Phänotypen angehören, haben kein Grund zu Vertrauen, aber auch die favorisierten Phänotypen haben erkannt, dass Umverteilung hauptsächlich zu den Umverteilern fließt.
Zuletzt verschwanden einfach €30 Milliarden Covid-Hilfsgelder des Internationalen Währungsfonds. Der Präsident ist untröstlich und versichert, dass alles getan wird, um das mysteriöse Verschwinden zu klären. Wahrscheinlich hat es irgendetwas mit Rassismus zu tun.
Das geringe Vertrauen in die Politik führt zu einem steigenden Grad an Selbstorganisation. Ich habe nirgends auf der Welt so viel unternehmerischen Freiheitssinn bei so hoher zivilgesellschaftlicher Organisationskraft erlebt wie in Südafrika. Die Afrikaaner sind immerhin die Nachkommen jener Holländer, welche weite Teile Asiens mit ihrem Händler- und Pioniergeist erschlossen. Die zahlreichen deutschen Aussiedler sprechen heute auch meist Afrikaans und sind in dieser Population aufgegangen, wodurch vielleicht die Möglichkeit erschwert wurde, dass die Deutschen der alten Welt von jenen der neuen Welt lernen.
Die Deutschen am alten Kontinent halten sich für das Ende der Geschichte, werden sich aber vielleicht nur als eine der vielen Sackgassen erweisen. Es wird nicht lange dauern, vielleicht eine Dekade, bis die Deutschen händeringend südafrikanische Experten einfliegen werden. Diese werden dann hoffentlich eine brauchbarere Realverfassung mitbringen.
Zuerst erschienen auf eigentümlich frei.