Die Zahl der ortsunabhängigen Freiheitsfreunde wächst. Doch der Grund dafür ist weder nachhaltig noch erfreulich: der wirtschaftliche, politische und kulturelle Abstieg Europas. Die demographische Krise trifft in besonderem Maße die flexibel Ungebundenen, die sich gegenwärtigen Katastrophen entziehen können. Wo Kinder fehlen, können auch in der nächsten Generation keine mehr geboren werden. Das langsame Aussterben moderner Gesellschaften könnte auch den Freiheitsgeist zum Schwinden bringen. Womöglich ist dies schon ein- oder zweimal in der Geschichte passiert, als die mafiöse Symbiose ortsgebundener Interessen und staatlicher Gewalt der stationären Banditen die nomadischeren Händlerkulturen verdrängte. So wie die demographische Asymmetrie gegen Intelligenz selektiert, könnte sie es auch gegen Ortsungebundenheit und Freiheitsgeist tun.
Die Gründe für den Bevölkerungsschwund sind einfach zu erklären, aber doch etwas paradox. Der wichtigste Grund ist eigentlich erfreulich, bringt aber zwei sehr unerfreuliche weitere Gründe mit sich, die den Trend massiv verstärken. Ein Konzept der Österreichischen Schule der Ökonomik liefert die beste Erklärung: Opportunitätskosten. Jede Lebensentscheidung kostet die Optionen, die sie verschließt. Steigender Wohlstand und damit wachsende Vielfalt der Lebenswege verteuern das Kinderkriegen subjektiv dramatisch. Kinder benötigen Zeit und andere Ressourcen, für die es nun vermeintlich ergiebigere oder reizvollere Verwendungen gibt.
Steigender Wohlstand nährt aber auch die stationären Banditen, die sich Untertänigkeit durch Umverteilung erkaufen – ein Prozess, der oft als „Demokratie“ gründlich missverstanden wird. Damit wächst die Zahl derjenigen, die davon entbunden werden, ihren Lebensunterhalt dadurch zu bestreiten, anderen Menschen zu dienen. Anspruchshaltung führt zu Statusgier, denn typische Minderwertigkeitskomplexe leistungslos Wohlhabender suchen zur Rechtfertigung ihres unterbewusst parasitären Status Anerkennung durch Geltungstugend.
Eine typische Geltungstugend ist das unrealistische Geschlechterverständnis, das teils umverteilungsfinanzierte Lohnarbeit für Frauen als Errungenschaft auslegt. Insbesondere versuchen durch ihre Untertänigkeit sexuell unattraktive Männer, mit solchen falschen Gefälligkeitskomplimenten weibliche Anerkennung zu bekommen.
Noch verheerender ist der zweite Folgeeffekt unverdienten und unverstandenen Wohlstands: die Zerstörungswut zum Statusausgleich. Sinnleere, die durch Kinderlosigkeit noch verstärkt wird, bereitet das Vakuum, in dem diese Wut als Todestrieb explodieren kann. Unterbewusste Missgunst lässt danach trachten, zu zerstören, was man selbst nicht aufbauen kann. Dieser Todestrieb, der in der Wiener Tiefenpsychologie erstmals benannt wurde, richtet sich nicht nur gegen die Gesellschaft und Wirtschaft, sondern vor allem gegen alles Lebendige, das sich nicht kontrollieren lässt. Hier treffen sich Freiheitsfeindschaft und Kinderfeindlichkeit: der wütend eingeforderte gesellschaftliche Selbstmord. Nur die Niedrigsten können sich durch Einebnung und Gleichmachung erheben.
Immerhin: Diese zwei Folgeeffekte treffen Freiheitsfreunde weniger; darum ist der demographische Nachteil noch nicht eindeutig erwiesen. Leider wiegt aber der erste, der erfreuliche Grund für vermehrte Kinderlosigkeit schwerer. Der steigende Wohlstand zeigt sich in steigender Mobilität, was infolge der politischen Plünderung der Immobilen die Opportunitätskosten für Freiheitsfreunde noch erhöht. Während Migranten aus der Dritten Welt Ankerkinder in die westlichen Wohlfahrtsstaaten vorausschicken, werden die Steuerzahler aus der Ersten Welt durch eigene Kinder an den Anker gelegt – oft durch das Einlassen auf kreditfinanzierte Eigenheime und stationäre Arbeitsplätze.
Nur ein positiver Aspekt begünstigt manche Freiheitsfreunde, die früh auf technologische Hilfsmittel setzen. Der letzte Babyboom beruhte darauf, dass neue Technologien die Kosten der Hausarbeit und des Hauserwerbs gesenkt hatten, bevor noch der große Einkommenseffekt eingetreten war. In diesen wenigen Jahrzehnten wirkte dann auch eine kulturelle Verstärkung hin zu Familienidealen, die zunächst den unverstandenen Trend rationalisierte. Leider war eine der Technologien, die das Kinderkriegen vergünstigte, eine nicht nachhaltige Finanztechnologie – die Verbreitung des Hypothekarkredits, die den Trend überdehnte und dann die scharfe kulturelle Gegenreaktion verstärkte, die ab den 1960ern einsetzte.
Im Zuge der Gegenreaktion wurden Kinder und Familien zum Gegensatz der Freiheit erklärt. Ein Kern Wahrheit liegt in den ab den 1950ern wieder steigenden Opportunitätskosten. Doch der Gegensatz ist so irreführend wie der zwischen Sparen und Konsum. Auf frühere Konsumfeindlichkeit folgte Konsumfreude, und diese braucht Ersparnisse auf. Doch ohne Konsum, ohne die Nutzung von Mitteln für menschliche Zwecke, ist die Anhäufung von Mitteln sinnlos. So ist auch das Maximieren freier Optionen ohne freie Entscheidungen zugunsten besserer Lebenswege sinnlos. Die ewige Ungebundenheit ist ohne Wert. Ortsunabhängigkeit und Produktivitätssteigerung sind Mittel zum Zweck, kein Endzweck.
Ein kinderloses Leben bietet mehr Optionen, aber kaum ein Lebensweg wiegt das individuelle Glück elterlicher Liebe auf. Nachwuchs bedeutet säkulare Transzendenz, das heißt, etwas, das über die eigene Existenz hinausreicht und dieser dadurch Sinn und Langfristigkeit bieten kann, ohne den heute schwierigen und nur wenigen zugänglichen religiösen Weg zu beschreiten. Gerade gegenüber der religiösen Gewissheit einer Auserwähltheit, welche die Ausnahme israelischen Kinderreichtums trotz Wohlstands erklärt, tut sich moderner Freiheitsdrang schwer, der territoriale und kollektive Identität nicht über individuelles Leben und Glück stellen mag. Künftige Generationen von Freiheitsfreunden kann es nur geben, wenn die durch Wohlstand und Technologie errungenen Optionen zur Mehrung von Leben genutzt und nicht bloß gehortet oder für kurzfristigen Lustgewinn verschwendet werden.
Zuerst erschienen in eigentümlich frei.