Keine Erkenntnis und Entwicklung, nur gezielte Abrichtung
In Österreich haben sich die Abmeldungen von der Regelschule zum häuslichen Unterricht in diesem Jahr verdreifacht. Im Gegensatz zu Deutschland ist diese Option grundsätzlich möglich. Die öffentlichen Reaktionen auf die Entwicklung zeigen allerdings, dass auch Österreich keine Insel der Seligen ist.
Die Abmeldung von der Regelschule ist relativ einfach und voraussetzungslos. Doch jedes Jahr ist eine Prüfung an einer staatlichen Schule abzulegen. Bestehen die Kinder diese Prüfung nicht, unterliegen sie hinfort vollem Schulzwang – wie in Deutschland. Das bedeutet großen Druck und nötigt viele Eltern dazu, tatsächlich zuhause fachlichen Unterricht nach staatlichem Lehrplan durchzuführen.
Bislang war diese Herausforderung bei hinreichendem Engagement der Eltern relativ leicht bewältigbar. Kinder ohne oder in häuslichem Unterricht sind in der Regel beschulten Kindern auch in den klassischen Schulfächern überlegen. Schulunterricht ist erstaunlich ineffizient, der bleibende Wissensinhalt oft nicht nur nahe null, sondern sogar negativ. Das bedeutet, dass die Kinder nicht nur kaum etwas im Gedächtnis behalten, sondern durch die negative Schulerfahrung sogar noch aktiv verdrängen oder eine innere Abneigung gegen die Inhalte entwickeln. Daher auch die überdurchschnittlichen Prüfungsergebnisse bei Aufnahmeprüfungen zur Universität, die für Kinder aus dem „Homeschooling“ oder gar „Unschooling“ in den USA seit Langem empirisch fundiert sind.
Unschooling wird auf Deutsch als Freilernen bezeichnet. Es bedeutet die Vermeidung von verpflichtendem, künstlich auf Fächer aufgeteilten Unterricht, wenn Kinder diesem nicht aktives Interesse entgegenbringen. Weder Unschooling noch Homeschooling bedeutet Isolierung oder mangelnde Förderung von Kindern. Ganz im Gegenteil bleibt Kindern ohne die heute oft absurde Hausaufgabenlast der Regelschulen wesentlich mehr Zeit für freies Spiel mit anderen Kindern und die gezielte Förderung von Talenten und Interessen.
Die aktuell in Österreich deutlich erhöhte Zahl von Abmeldungen von der Regelschule ist durch die Pandemie zu erklären – vor allem durch die Pandemiemaßnahmen. Diese bedeuten einerseits eine Gängelung von Kindern durch ständige Tests, ständige Ungewissheit und ständige psychische Präsenz einer für Kinder weitgehend harmlosen Seuche. Daher richtet sich in der massenmedial vermittelten öffentlichen Wahrnehmung der Finger auf vermeintliche „Covid-Leugner“, die teilweise „rechtsextreme Verschwörungstheoretiker“ seien. Dass solche Eltern ihre Kinder nun der Schule entziehen und damit dem elterlichen Einfluss ungeschützt aussetzen könnten, begründet eine angebliche Sorge um das Kindeswohl und führt zu politischen Forderungen, das „Schlupfloch“ des häuslichen Unterrichts zu schließen.
Viel schlimmer und unmittelbarer noch ist die Folge, dass einzelne Schulbeamte in dieser „öffentlichen Meinung“ einen Freibrief sehen, die unpässlichen Eltern über die Kinder in sadistischer Ausnutzung des Abhängigkeitsverhältnisses aufgrund der Prüfungshoheit zu bestrafen. Einzelne Berichte von aktuell verschärften Prüfungen sind erschreckend.
Dabei ist Covid-Maßnahmenskepsis oft nur der letzte Auslöser, die Kinder endlich von der Staatsschule zu befreien. Die Maßnahmen entblößen die Schule nur noch mehr: Frontalunterricht per Zoom bei Eindecken der Kinder mit Hausaufgaben und Arbeitsblättern entledigt die Schule der letzten realen Funktionen und betont die am wenigsten funktionellen Elemente.
Die Hauptfunktion der Regelschule für Eltern ist die sichere Verwahrung von Kindern in geschlossenen Anstalten, damit beide Elternteile einer Berufstätigkeit nachkommen können, um Steuern und Kreditraten zu erwirtschaften. Die Nebenfunktion ist die Vorbereitung auf das soziale Umfeld eines Bürojobs mit unmotivierten Kollegen. Die Funktion der Wissensvermittlung ist reines Alibi, da es für entsprechende Resultate weder Gewissheit gibt, noch die Voraussetzungen dazu beitragen.
Doch weder Eltern noch Kinder sind die eigentlichen Kunden der kostenlosen Staatsschule. Ihre Hauptfunktion aus Sicht des realen Kunden, also desjenigen, der diese Leistung auch bezahlt, ist eine ganz andere: Gleichschaltung. Wenn man die Vordenker der staatlichen Zwangsschule aufmerksam liest, wird auch deutlich, dass sie diese Funktion gar nicht verhehlen, sondern offen anstreben. Die Zwangsschule gehört zum modernen Nationalstaat wie die Wehrpflichtarmee.
Diese Funktion erfüllt die Staatsschule auch hinreichend gut. Das zeigt sich an der eingeübten Doppelmoral der Mehrheitsbevölkerung. Beamte, ausgestattet mit der Macht von Zertifikaten, sollen das Kindeswohl besser achten können als die eigenen Eltern. Besteht der abgemeldete Schüler einmal die Prüfung nicht, so wird daraus das vollständige Versagen des Elternhauses abgeleitet und der häusliche Unterricht verboten. Besteht der Regelschüler einmal einen Jahresabschluss nicht, wird aber kein Versagen der Schule abgeleitet und keine Schulbefreiung ausgestellt.
Gleichgeschaltet ist auch die öffentliche Reaktion in Österreich. Die Untertanen dulden keine Abweichler vom Gegängeltwerden. Sie berufen sich auf Wissenschaft und Experten, suchen aber nur eine Begründung für die Alternativlosigkeit ihres Untertanendaseins von einer hohen Kanzel.
Abrichtung von Kindern zu neuen Untertanen ist die größte denkbare Kindeswohlgefährdung, denn immer wieder endet sie in der Abrichtung zu Kanonenfutter. Diese Abrichtung erfolgt nicht überwiegend durch die Lehrer, denn der Unterricht hat wenig Wirkung. Viel verheerender ist die künstliche Orientierung an Gleichaltrigen im Rahmen einer Zwangsinstitution, die mehr mit einem Gefängnis gemein hat als mit einem Ort der Erkenntnis und der Entwicklung von Fertigkeiten.
Die disziplinierte Einübung in eine Schriftkultur, die in einem solchen Rahmen immerhin noch denkbar ist, spielt heute eine immer geringere Rolle. Wichtiger wurde die Einübung in eine Kultur von Untertanen, die alle dasselbe denken, sich aber für die freiesten und kritischsten Menschen der Welt halten.
Zuerst erschienen auf eigentümlich frei