Einen letzten Funken Optimismus unter Freiheitsfreunden hält der Eindruck am Leben, dass liberale Ideen unter Jugendlichen rasante Verbreitung fänden. Liberale Studentengruppen wachsen, und in den sozialen Medien sind libertäre „Memes” kaum noch zu übersehen. Zudem klagen die etatistischen Erziehungsermächtigten in den Schulen und an den Universitäten immer öfter über die Generation Y, die prinzipienlos, flexibel und spießig sei.
Das spricht in der Tat für die jungen Menschen: Die falschen Gewissheiten, die einer Parallelwelt von zu Systemgünstlingen arrivierten Ideologen entstammen, überzeugen immer weniger. Leider sind alternative Denkweisen und Handlungswege noch viel zu ungewiss, um mehr als kleine Nischen zu belegen. Dennoch zeigt sich eine paradoxe Polarisierung: Auf der einen Seite dominiert ein arrangierter, bequemer und moralisch überheblicher Etatismus, der sich besonders „alternativ” wähnt, auf der anderen Seite finden staatskritische Positionen immer mehr Gehör. Wächst eine libertäre Generation heran?
Leider ist diese Entwicklung nur langfristig ermutigend, kurz- und mittelfristig jedoch enttäuschend. Es handelt sich – wie beim vermeintlichen Spießertum – um die Rechnung für die Irrtümer der Elterngeneration. Diese lebte die „Selbstverwirklichung” bei aktiver Diskreditierung aller vorhergehenden Maßstäbe und Werte. Auch Kinder, sofern man sie sich noch leistete, waren oft nur Geltungskonsum, in sie wurden die nicht erreichten, eigenen Lebensziele projiziert. Als äußere Erweiterung und Projektionsfläche der eigenen „Persönlichkeit” wurden sie durch ein falsches Selbstwertgefühl aufgeplustert. Die vermeintlich „anti-autoritäre” Erziehung räumte den Kindern jegliche Berührungsfläche mit der realen Welt aus dem Weg und erklärte die eigenen Launen zum Willkürdiktat. Der so genährte Narzissmus sieht oberflächlich manchmal einer liberalen Gesinnung täuschend ähnlich. Mit echter liberalitas, der Großzügigkeit im Denken, die man nur auf der Grundlage eigener Prinzipien und eigener Verantwortung gewähren kann, hat er jedoch nichts zu tun.
Das Resultat ist eine Generation von leistungsunwilligen Funktionären, die nach Aufmerksamkeit dürsten und dafür jedes Prinzip „flexibel” aufgeben. Die Tüchtigsten entwickeln einen gewissen Ehrgeiz ohne Werte, bei dem Überzeugungen allein der eigenen Profilierung dienen. Die weniger Tüchtigen geben auch diesen Ehrgeiz für gehetzten Konsumismus auf. Da die Eltern keinerlei Gegengewicht boten, ist der Anpassungsdruck der Gleichaltrigen übermächtig. So kommt es zur massiven Verdichtung von Hypes. Manchmal „hypt” dabei auch die „Freiheit” als Slogan. Immerhin eignet sich der Staat bestens als anonyme Projektionsfläche, um sich selbst aus der Verantwortung zu nehmen.
Es bleibt langfristiger Optimismus: So wenig der Freiheitsdrang dieser Generation etwas mit wirklicher Freiheit und Verantwortung zu tun hat, so wenig ist auch ihr Etatismus auf starken Überzeugungen gegründet. Die nächste Generation wird auf wenig Widerstand treffen, wenn sie als Gegenreaktion – wie sie bei Generationenfolgen typisch ist – abseits der gescheiterten Institutionen neue Alternativen aufbaut.
Ein Teil des Textes ist leider nicht öffentlich zugänglich, da der Autor für Freunde schreibt und sich kein Blatt vor den Mund nimmt. Die Intimität der alten Wiener Salons ist im scholarium Voraussetzung der Erkenntnis, die keinerlei Rücksicht auf Empfindlichkeiten nehmen kann. Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit, gerne laden wir Sie dazu ein.