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Wiener Schule der Ökonomik: Carl Menger

Rahim Taghizadegan am 29. Oktober 2015

Die revolutionären Ansätze des Begründers der Wiener Schule der Ökonomik.

CARL MENGER (geb. 1840 in Neu Sandez, gest. 1921 in Wien)

studierte Rechtswissenschaften in Krakau und konnte sich mit seinem bahnbrechenden Erstlingswerk „Grundsätze der Volkswirthschaftslehre“ an der Universität Wien habilitieren. Mengers subjektivistische Wertlehre wie sein Prinzip des Grenznutzens werden zur Grundlage einer neuen ökonomischen Tradition. Gemeinsam mit seinen Schülern begründete er die Österreichische Schule, die rasch internationale Beachtung fand.

Hauptwerke:

  • Grundsätze der Volkswirthschaftslehre (1871)
  • Untersuchungen über die Methode der Socialwissenschaften, und der Politischen Oekonomie insbesondere (1883).

Textauszüge aus dem Gesamtwerk (27 Fragmente)

in: Gesammelte Werke in 4 Bänden, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1968.

Alle Dinge stehen unter dem Gesetze von Ursache und Wirkung. Dieses grosse Princip hat keine Ausnahme und vergebens würden wir im Bereiche der Empirie nach einem Beispiele von seinem Gegentheile suchen. … Auch unsere eigene Persönlichkeit und jeder Zustand derselben sind Glieder dieses grossen Weltzusammenhanges und der Uebergang unserer Person aus einem Zustande in einen hievon verschiedenen ist in anderer Weise undenkbar, als unter dem Gesetze der Causalität. Wenn demnach unsere Person aus dem Umstande des Bedürfens in jenen des befriedigten Bedürfnisses treten soll, so müssen ausreichende Ursachen hiefür vorhanden sein, das ist, es müssen entweder die in unserem Organismus waltenden Kräfte unseren gestörten Zustand beseitigen, oder aber äussere Dinge aus- und einwirken, welche ihrer Natur nach geeignet sind, jenen Zustand herbeizuführen, welchen wir die Befriedigung unserer Bedürfnisse nennen.[1]


*

Der Process, durch welchen die Güter höherer Ordnung stufenweise in solche niederer Ordnung umgestaltet und diese schliesslich der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zugeführt werden … steht gleich allen übrigen Wandlungsprocessen unter den Gesetzen der Causalität. Die Idee der Causalität ist nun aber unzertrennlich von der Idee der Zeit. Ein jeder Wandlungsprocess bedeutet ein Entstehen, ein Werden; ein solches ist jedoch nur denkbar in der Zeit. Es ist aber darum auch sicher, dass wir den Causalnexus der einzelnen Erscheinungen in diesem Processe und diesen selbst nie vollständig erfassen vermögen, wofern wir denselben nicht in der Zeit betrachten und das Mass derselben an ihn legen.[2]

*

Der grosse oder geringere Grad von Sicherheit in der Voraussicht der Qualität und Quantität des Productes, über welches die Menschen durch den Besitz der zu seiner Hervorbringung erforderlichen Güter höherer Ordnung verfügen, hängt von der mehr oder minder vollständigen Erkenntniss der im ursächlichen Zusammenhange mit der Production jener Güter stehenden Elemente des Causal-Processes und der mehr oder minder vollständigen Unterwerfung derselben unter die Verfügung der Menschen ab. Der Grad der Unsicherheit in den beiden obigen Rücksichten ist durch das Gegentheil bedingt. Je mehr Elemente bei dem Causal-Processe der Güterentstehung mitwirken, die wir nicht kennen, oder über die wir, wofern wir sie kennen, nicht zu verfügen vermögen, das ist, eine je grössere Anzahl dieser Elemente keine Güterqualität besitzt, um so grösser ist auch die menschliche Unsicherheit über die Qualität und Quantität des Productes des ganzen Causal-Processes, nämlich der entsprechenden Güter niederer Ordnung.

Diese Unsicherheit ist nun eines der wesentlichsten Momente der ökonomischen Unsicherheit der Menschen und wie wir in der Folge sehen werden, von der grössten practischen Bedeutung für die menschliche Wirthschaft.[3]

*

Der Umstand, dass ein Gut für uns Werth hat, liegt, wie wir sahen, darin, dass die Verfügung darüber für uns die Bedeutung einer Bedürfnissbefriedigung hat, da für dieselbe ohne unsere Verfügung über das Gut nicht vorgesorgt wäre. Nun mögen unsere Bedürfnisse immerhin zum Theile, wenigstens so weit es sich um ihre Entstehung handelt, auch von unserem Willen oder von unserer Gewöhnung abhängen, sind sie aber einmal vorhanden, so ist der Werth, den die Güter für uns haben, dann nichts Willkürliches mehr, sondern die zwingende Folge der Erkenntniss ihrer Bedeutung für unser Leben oder unsere Wohlfahrt.[4]

*

Der Güterwerth ist in der Beziehung der Güter zu unseren Bedürfnissen begründet, nicht in den Gütern selbst. Mit dem Wechsel dieses Verhältnisses muss auch der Werth entstehen oder vergehen. Für die Bewohner einer Oase, welchen eine Quelle zu Gebote steht, die ihren Bedarf an Wasser vollauf deckt, wird eine bestimme Quantität davon an der Quelle selbst keinen Werth haben. Wenn jedoch die Quelle plötzlich durch ein Erdbeben ihren Wasserreichthum so weit einbüssen würde, dass für die Befriedigung der Bedürfnisse der Bewohner jener Oase nicht mehr vollständig vorgesorgt wäre, so zwar, dass die Befriedigung eines jeden concreten Bedürfnisses von der Verfügung über eine bestimmte Quantität abhängig würde, so würde eine solche auch sofort für jeden Bewohner Werth erlangen. Dieser Werth würde aber sogleich schwinden, sobald das alte Verhältniss wieder platzgreifen und die Quelle wieder ihren alten Wasserreichthum zurückerlangen würde. Ein Aehnliches würde stattfinden, wenn die Bewohnerzahl der Oase sich derart vermehren würde, dass das Wasser der Quelle nicht mehr zur Befriedigung aller Bedürfnisse ausreichen würde. Ein solcher Wechsel, herbeigeführt durch die vermehrte Zahl der Consumenten, könnte sogar mit einer gewissen Regelmässigkeit, und zwar zu solchen Zeiten stattfinden, wo die Oase von zahlreichen Karawanen besucht wäre.

Der Werth ist demnach nichts den Gütern Anhaftendes, keine Eigenschaft derselben, eben so wenig aber auch ein selbstständiges, für sich bestehendes Ding. Derselbe ist ein Urtheil, welches die wirthschaftenden Menschen über die Bedeutung der in ihrer Verfügung befindlichen Güter für die Aufrechterhaltung ihres Lebens und ihrer Wohlfahrt fällen, und demnach ausserhalb des Bewusstseins derselben nicht vorhanden. Es ist demnach auch durchaus irrig, wenn ein Gut, welches für die wirthschaftenden Subjecte Werth hat, ein „Werth“ genannt wird, oder aber die Volkswirthe gar von „Werthen“, gleichwie von selbstständigen realen Dingen sprechen, und der Werth solcherart objectiviert wird. Denn das, was objectiv besteht, sind doch immer nur die Dinge, beziehungsweise die Quantitäten derselben, und ihr Werth ist etwas von denselben wesentlich verschiedenes, ein Urtheil nämlich, welches sich die wirthschafteneden Individuen über die Bedeutung bilden, welche die Verfügung über dieselben für die Aufrechterhaltung ihres Lebens, beziehungsweise ihrer Wohlfahrt hat. Es hat aber die Objectivierung des seiner Natur nach durchaus subjectiven Güterwerthes sehr viel zur Verwirrung der Grundlangen unserer Wissenschaft beigetragen.[5]

*

Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergeben sich als Resultat unserer bisherigen Untersuchungen die nachfolgenden Grundsätze:

  1. Die Bedeutung, welche die Güter für uns haben, und welche wir Werth nennen, ist lediglich eine übertragene. Ursprünglich haben nur die Bedürfnissbefriedigungen für uns eine Bedeutung, weil von ihnen die Aufrechterhaltung unseres Lebens und unserer Wohlfahrt abhängt; wir übertragen aber in logischer Consequenz diese Bedeutung auf jene Güter, von deren Verfügung wir in der Befriedigung dieser Bedürfnisse abhängig zu sein uns bewusst sind.
  2. Die Grösse der Bedeutung, welche die verschiedenen concreten Bedürfnissbefriedigungen (die einzelnen Acte derselben, welche eben durch concrete Güter herbeigeführt werden können) für uns haben, ist eine ungleiche und das Mass derselben liegt in dem Grade ihrer Wichtigkeit für die Aufrechterhaltung unseres Lebens und unserer Wohlfahrt.
  3. Die Grösse der auf die Güter übertragenen Bedeutung unserer Bedürfnissbefriedigungen, das ist die Grösse des Werthes, ist somit gleichfalls eine verschiedene und das Mass derselben liegt in dem Masse der Bedeutung, welche die von den betreffenden Gütern abhängigen Bedürfnissbefriedi-gungen für uns haben.
  4. In jedem concreten Falle sind von der Verfügung über eine bestimmte Theilquantität der einem wirthschaftenden Subjecte verfügbaren Gesammtquantität eines Gutes nur jene der durch die letztere noch gesicherten Bedürfnissbefriedigungen abhängig, welche für dies Subject die geringste Bedeutung unter diesen letzteren haben.
  5. Der Werth eines conctreten Gutes, oder einer bestimmten Theilquantität der einem wirthschaftenden Subjecte verfügbaren Gesammtquantität eines Gutes ist für dasselbe demnach gleich der Bedeutung, welche die wenigst wichtigen von den durch die verfügbare Gesammtquantität noch gesicherten und mit einer solchen Theilquantität herbeizuführenden Bedürfnissbefriedigungen für das obige Subject haben. Diese Bedürfnissbefriedigungen sind es nämlich, rücksichtlich welcher das in Rede stehende wirthschaftende Subject von der Verfügung über das betreffende concrete Gut, beziehungsweise die betreffende Güterquantität abhängt.[6]

*

Fragen wir zum Beispiel darnach, warum ein Pfund Trinkwasser für uns unter gewöhnlichen Verhältnissen gar keinen Werth hat, während ein sehr geringer Bruchtheil eines Pfundes Gold oder Diamanten für uns der Regel nach einen sehr hohen Werth aufweist, so ergiebt sich die Beantwortung dieser Frage aus der nachfolgenden Betrachtung.

Diamanten und Gold sind so selten, dass sich die den Menschen verfügbaren Quantitäten der erstern insgesammt in einer Kiste, das den Menschen verfügbare Gold, wie eine einfache Berechnung lehrt, in einem einzigen großen Saal verwahren liessen. Trinkwasser ist dagegen in so grossen Quantitäten auf der Erde vorhanden, dass sich kaum ein Reservoir denken lässt, der gross genug wäre, dasselbe zu umfassen. Demgemäss vermögen die Menschen auch nur den wichtigsten Bedürfnissen, zu deren Befriedigung Gold und Diamanten dienlich sind, Genüge zu thun, während sie ihr Bedürfniss nach Trinkwasser der Regel nach nicht nur vollständig zu befriedigen vermögen, sondern auch noch überdies sehr grosse Quantitäten dieses Gutes unbenützt sich entgehen lassen, weil sie die ganze ihnen verfügbare Quantität aufzubrauchen nicht im Stande sind. …

Dies alles gilt nur für die gewöhnlichen Lebensverhältnisse, wo uns das Trinkwasser in Ueberfülle, Diamanten und Gold aber in sehr geringen Quantitäten verfügbar sind. In der Wüste aber, wo von einem Trunke Wasser nicht selten das Leben eines Reisenden abhängt, lässt sich dagegen allerdings der Fall denken, dass für ein Individuum von einem Pfunde Wasser wichtigere Bedürfnissbefriedigungen abhängen würden, als selbst von einem Pfunde Gold. In diesem Falle müsste folgerecht der Werth eines Pfundes Wasser für das betreffende Individuum grösser sein, als der eines Pfundes Gold. Die Erfahrung lehrt uns aber auch, dass ein solches, oder doch ein ähnliches Verhältnis in der That überall dort einzutreten pflegt, wo die ökonomische Sachlage eine derartige ist, wie wir sie soeben gezeichnet haben.[7]

*

Der Werth, welchen ein Gut für ein wirthschaftendes Individuum hat, ist der Bedeutung jener Bedürfnissbefriedigung gleich, rücksichtlich welcher das betreffende Individuum von der Verfüg-ung über das in Rede stehende Gut abhängig ist.[8]

*

Die Grundstücke und Bodenbenützungen in ihrer concreten Erscheinungsform sind Objecte unserer Werthschätzung gleich allen anderen Gütern; auch sie erlangen nur insofern Werth, als wir in der Befriedigung unserer Bedürfnisse von der Verfügung über dieselben abhängig sind … Auch das tiefere Verständniss der Verschiedenheit ihres Werthes ist desshalb nur auf dem Wege erreichbar, dass wir die Bodenbenützungen und die Grundstücke selbst unter den allgemeinen Gesichtspunkten unserer Wissenschaft und, so weit sie Güter höherer Ordnung sind, zumal auch in ihren Beziehungen zu den entsprechenden Gütern niederer Ordnung und insbesondere zu den comple-mentären Gütern ins Auge fassen.

Wir sind oben zu dem Resultate gelangt, dass die Gesammtheit der zur Hervorbringung eines Gutes erforderlichen Güter höherer Ordnung (die Capitalbenützung und die Unternehmerthätigkeit mit inbegriffen) das Mass ihres Werthes in dem voraussichtlichen Werthe des Productes findet. Wo immer Bodenbenützungen zur Hervorbringung von Gütern niederer Ordnung herangezogen werden, finden demnach auch sie im Vereine mit den übrigen complementären Gütern das Mass des Werthes in dem voraussichtlichen Werthe des Gutes niederer, beziehungsweise erster Ordnung, zu dessen Hervorbringung sie bestimmt sind, und je nachdem dieser letztere grösser oder geringer ist, bestimmt sich auch unter sonst gleichen Verhältnissen der höhere oder geringere Werth derselben. Was aber den Werth betrifft, welchen concrete Bodennutzungen, beziehungsweise concrete Grundstücke an und für sich für die wirthschaftenden Menschen haben, so regelt sich derselbe eben so wohl, wie jener aller anderen Güter höherer Ordnung, nach dem Grundsatze, dass der Werth eines Gutes höherer Ordnung um so grösser ist, je grösser der Werth des voraussichtlichen Productes und je geringer unter sonst gleichen Verhältnissen der Werth der complementären Güter höherer Ordnung ist.

Die Bodennutzungen stehen demnach rücksichtlich ihres Werthes unter keinen anderen allgemeinen Gesetzen, als z.B. die Nutzungen von Maschinen, Werkzeugen, Wohnhäusern, Fabriken, ja als alle übrigen ökonomischen Güter, welcher Art sie auch immer sein mögen.[9]

*

In Wahrheit regelt sich denn auch der Preis concreter Arbeitsleistungen, wie wir sehen werden, gleich jenem aller anderen Güter nach ihrem Werthe. Dieser letztere aber regelt sich, wie oben dargelegt wurde, nach der Grösse der Bedeutung jener Bedürfnissbefriedigungen, welche wir entbehren müssten, wofern wir über die betreffenden Arbeitsleistungen nicht zu verfügen vermöchten.[10]

*

Der leitende Gedanke der gesammten wirthschaftlichen Thätigkeit der Menschen ist die möglichst vollständige Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Sind nun mit Rücksicht auf die directe Verwendung eines Gutes wichtigere Bedürfnissbefriedigungen der wirthschaftenden Subjecte durch dasselbe sichergestellt, als bei indirecter Verwendung, ist es demnach sicher, dass, wofern das wirthschaftende Subject ein Gut in indirecter Weise zur Befriedigung seiner Bedürfnisse heranziehen würde, wichtigere Bedürfnisse desselben unbefriedigt bleiben müssten, als bei der directen Verwendung, so kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Gebrauchswerth desselben der für das wirthschaftliche Bewusstsein und für das ökonomische Handeln des betreffenden wirthschaftenden Subjectes Bestimmende sein wird, im umgekehrten Falle aber der Tauschwerth. Die im erstern Falle bei directer, im zweiten Falle aber bei indirecter Verwendung der Güter gesicherten Bedürfnissbefriedigungen sind nämlich diejenigen, die bei wirthschaftenden Individuen jedenfalls erfolgen würden und demnach von ihnen entbehrt werden müssten, wofern sie über die betreffenden Güter nicht verfügen würden. Es ist demnach in allen Fällen, wo ein Gut für dessen Besitzer sowohl Gebrauchswerth, als auch Tauschwerth hat, derjenige der ökonomische, welcher der grössere ist. Es ist aber nach dem, was wir im vierten Capitel sagten, klar, dass in allen Fällen, wo die Grundlagen eines ökonomischen Tausches vorhanden sind, der Tauschwerth, dort, wo dies nicht der Fall ist, der Gebrauchswerth der Güter der ökonomische …

Den ökonomischen Werth der Güter zu erkennen, das ist jeweilig darüber im Klaren zu sein, ob ihr Gebrauchswerth oder ihr Tauschwerth der ökonomische ist, gehört zu den wichtigsten Aufgaben der wirthschaftenden Menschen.[11]

*

Als erster Schritt in der wirthschaftlichen Culturentwickelung eines Volkes ist es zu betrachten, wenn Personen, welche sich gewisse Kunstfertigkeiten angeeignet haben, ihre Dienste der Gesellschaft anbieten und den ihnen dargereichten Rohstoff gegen eine Entschädigung verarbeiten. Die Thetes der Griechen scheinen in den ältern Zeiten Handwerker dieser Art gewesen zu sein. In vielen Gegenden Osteuropa’s giebt es selbst heute noch keine andern Handwerker. Das im Hause des Consumenten selbst gesponnene Garn wird von dem Weber zu Stoffen, das selbst erzeugte Getreide vom Müller zu Mehl verarbeitet und selbst der Zimmermann und Schmied erhalten bei grössern Aufträgen Rohstoff für das bestellte Pruduct zugemessen.

Es ist als ein neuer Schritt auf dem Wege wirthschaftlicher Culturentwickelung, zumal als ein Zeichen wachsenden Wohlstandes zu betrachten, wenn die Handwerker das Rohmaterial für ihre Producte selbst beizustellen beginnen, wenngleich sie diese letzteren noch immer nur über Bestellung Seitens der Consumenten verfertigen. Es ist dies die Sachlage, wie wir sie mit geringen Ausnahmen in kleineren Städten und zum Theile auch noch in grösseren Ortschaften bei manchen Gewerben beobachten können. Der Gewerbsmann verfertigt allerdings noch kein Product auf ungewissen Verkauf, er ist indess bereits in der Lage, den Bedürfnissen seiner Kunden nach Massgabe seiner Arbeitskraft zu entsprechen, indem er sie zugleich der Mühe des ihrerseits meist in höchst unökonomischer Weise erfolgenden Einkaufes, beziehungsweise der Production des Rohmaterials enthebt.[12]

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Wird die Welt der Erscheinungen in streng realistischer Weise betrachtet, so bedeuten Gesetze dieser letzteren lediglich die auf dem Wege der Beobachtung constatirten thatsächlichen Regelmässigkeiten in der Aufeinanderfolge und in der Coexistenz der realen Phänomene, welche gewissen Erscheinungsformen angehören. Ein unter dem obigen Gesichtspunkte gewonnenes „Gesetz“ vermag in Wahrheit nur zu besagen, dass auf die den Erscheinungsformen A und B angehörigen concreten Phänomene in der Wirklichkeit, regelmässig oder ausnahmslos, der Erscheinungsform C angehörige Phänomene gefolgt seien, oder mit denselben coexistent beobachtet wurden. Der Schluss, dass auf die Erscheinungen A und B überhaupt (also in allen, auch den nicht beobachteten Fällen!) die Erscheinung C folge, oder dass die hier in Rede stehenden Phänomene überhaupt coexistent seien, geht über die Erfahrung, über den Gesichtspunkt des strengen Empirismus hinaus; er ist vom Standpunkte der obigen Betrachtungsweise nicht streng verbürgt. Aristoteles hat dies richtig erkannt …[13]

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Unter Wirthschaft verstehen wir die auf die Deckung ihres Güterbedarfs gerichtete vorsorgliche Thätigkeit der Menschen, unter Volkswirthschaft die gesellschaftliche Form derselben. Die Aufgabe der obigen Richtung der Forschung kann somit keine andere sein, als die Erforschung der ursprünglichsten, der elementarsten Factoren der menschlichen Wirthschaft, die Feststellung des Masses der bezüglichen Phänomene und die Erforschung der Gesetze, nach welchen complicirtere Erscheinungsformen der menschlichen Wirthschaft sich aus jenen einfachsten Elementen entwickeln.

Die ursprünglichsten Factoren der menschlichen Wirthschaft sind die Bedürfnisse, die den Menschen unmittelbar von der Natur dargebotenen Güter (sowohl die bezüglichen Genuss- als Productionsmittel) und das Streben nach möglichst vollständiger Befriedigung der Bedürfnisse (nach möglichst vollständiger Deckung des Güterbedarfes). Alle diese Factoren sind in letzter Linie unabhängig von der menschlichen Willkür, durch die jeweilige Sachlage gegeben: der Ausgangspunkt und der Zielpunkt aller Wirthschaft (Bedarf und verfügbare Güterquantität einerseits und die erreichbare Vollständigkeit der Deckung des Güterbedarfs andererseits) sind in letzter Linie den wirthschaftenden Menschen gegeben, rücksichtlich ihres Wesens und ihres Masses streng determiniert.[14]

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Nicht nur der Umstand, dass die Menschen bei ihren wirthschaftlichen Handlungen nicht ausschliesslich vom Eigennutze geleitet werden, sondern auch ein anderes ebenso wichtiges Moment schliesst, im obigen Sinne, die strenge Gesetzmässigkeit der menschlichen Handlungen überhaupt, und jener der Wirthschaft insbesondere, und somit auch die Möglichkeit einer strengen Theorie der Volkswirthschaft aus. Ich meine den Irrthum, ein Moment welches von dem menschlichen Handeln sicherlich noch viel weniger getrennt gedacht werden kann als Sitte, Gemeinsinn, Rechtsgefühl und Menschenliebe von der Wirthschaft. Selbst wenn die wirtschaftenden Menschen sich stets und allerorten ausschliesslich von ihrem Eigennnutze leiten lassen würden, die erfahrungsgemäss gegebene Thatsache, dass sie in zahllosen Fällen über ihr wirtschaftliches Interesse im Irrthum, oder über die ökonomische Sachlage in Unkenntniss sich befinden, müsste nichtsdestoweniger die strenge Gesetzmässigkeit der wirthschaftlichen Erscheinungen ausschliessen. Unsere Historiker sind zu nachsichtig gegen ihre wissenschaftlichen Gegner. Die Voraussetzung einer strengen Gesetzmässigkeit der wirthschaftlichen Erscheinungen, und somit einer theoretischen Nationalökonomie im mehrgedachten Verstande des Wortes, ist nicht nur das Dogma von dem stets gleichbleibenden Eigennutze, sondern ein solches von der „Unfehlbarkeit“ und „Allwissenheit“ der Menschen in wirthschaftlichen Dingen.[15]

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Das Volk, als solches, ist kein grosses bedürfendes, arbeitendes, wirthschaftendes und concurrirendes Subject, und was man eine „Volkswirthschaft“ nennt ist somit auch nicht die Wirthschaft eines Volkes im eigentlichen Verstande des Wortes. Die „Volkswirthschaft“ ist keine den Singularwirthschaften im Volke, zu welchen auch die Finanzwirthschaft gehört, analoge Erscheinung, keine grosse Singularwirthschaft, eben so wenig aber auch ein den Singularwirtschaften im Volke Entgegengesetztes oder neben denselben Bestehendes. Sie ist in ihrer allgemeinsten Erscheinungsform eine eigenthümliche, an anderer Stelle von uns näher charakterisirte Complication von Singularwirthschaften.[16]

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Hier ist es, wo uns das merkwürdige, vielleicht das merkwürdigste Problem der Socialwissenschaften entgegentritt: Wieso vermögen dem Gemeinwohl dienende und für dessen Entwickelung höchst bedeutsame Institutionen ohne einen auf ihre Begründung gerichteten Gemeinwillen zu entstehen?

Es bedarf kaum der Bemerkung, dass das Problem des Ursprunges der auf unreflectirtem Wege entstandenen Socialgebilde und der Entstehung jener Wirthschaftsphänomene, deren wir soeben gedacht haben, eine überaus nahe Verwandtschaft aufweist. Das Recht, die Sprache, der Staat, das Geld, die Märkte, alle diese Socialgebilde in ihren verschiedenen Erscheinungsformen und in ihrem steten Wandel sind zum nicht geringen Theile das unreflectirte Ergebniss socialer Entwickelung: die Güterpreise, die Zinsraten, die Bodenrenten, die Arbeitslöhne und tausend andere Erscheinungen des socialen Lebens überhaupt und der Volkswirthschaft insbesondere weisen genau die nämliche Eigenthümlichkeit auf – auch ihr Verständniss kann in den hier in Betracht kommenden Fällen kein „pragmatisches“, es muss ein dem Verständnisse der auf unreflectirtem Wege entstandenen socialen Institutionen analoges sein.[17]

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Das ökonomische Interesse der einzelnen wirthschaftenden Individuen führt sie demnach bei gesteigerter Erkenntnis ihrer individuellen Interessen ohne alle Uebereinkunft, ohne legislativen Zwang, ja selbst ohne jede Berücksichtigung des öffentlichen Interesses dazu, ihre Waaren gegen andere absatzfähigere hinzugeben, selbst wenn sie dieser letzteren für ihre unmittelbaren Gebrauchszwecke nicht bedürfen, unter diesen letzteren aber, wie leicht ersichtlich ist, wiederum gegen solche, welcher der Function eines Tauschmittels in bequemster und ökonomischster Weise zu dienen geeignet sind, und so tritt uns denn unter dem mächtigen Einflusse der Gewohnheit die allerorten mit der steigenden ökonomischen Cultur zu beobachtende Erscheinung zu Tage, dass eine gewisse Anzahl von Gütern, und zwar jene, welche mit Rücksicht auf Zeit und Ort die absatzfähigsten, die transportabelsten, die dauerhaftesten, die am leichtesten theilbaren sind, von Jedermann im Austausche angenommen werden und desshalb auch gegen jede andere Waare umgesetzt werden können, Güter, welche unsere Vorfahren Geld nannten, von „gelten“ d.i. leisten, „zahlen“.[18]

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Ein ähnliches gilt vom Ursprunge des Staates. Kein Unbefangener kann daran zweifeln, dass durch Uebereinkunft einer entsprechenden Anzahl von Personen, welchen ein Territorium zur Verfügung steht, unter günstigen Verhältnissen die Grundlage zu einem entwickelungsfähigen Gemeinwesen gelegt werden könne. Auch kann vernünftigerweise nicht bezweifelt werden, dass aus den natürlichen Gewaltverhältnissen der Familie, durch einzelne Gewalthaber oder durch Gruppen von solchen neue entwickelungsfähige Staaten, auch ohne Uebereinkunft sämmtlicher Angehörigen des neuen Staates, begründet werden könnten. Die Theorie, nach welcher jenes sociale Gebilde, welches wir den Staat nennen, schlechthin auf „organischem“ Wege entstehe, ist somit jedenfalls eine einseitige. Ebenso irrig, ja in noch höherem Masse unhistorisch ist indess die Theorie, dass alle Staaten ursprünglich durch eine auf die Begründung derselben gerichtete Uebereinkunft oder durch eine auf den obigen Zweck gerichtete bewusste Thätigkeit einzelner Gewalthaber oder Gruppen von solchen entstanden seien.[19]

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In gleicher Weise könnte dargelegt werden, dass andere sociale Institutionen: die Sprache, das Recht, die Sitte, insbesondere aber auch zahlreiche Institutionen der Volkswirthschaft, ohne jede Rücksichtnahme auf das öffentliche Interesse, lediglich durch den Impuls individueller Interesen und als Resultante der Bethätigung dieser letztern, entstanden sind. Die Organisation des Waarenverkehrs in periodisch wiederkehrenden, an bestimmten Orten stattfindenden Märkten, die Organisation der Gesellschaft durch Trennung der Berufe und Theilung der Arbeit, die Handelsgebräuche, u.s.f. , lauter Institutionen, welche in eminentester Weise den Interessen des Gemeinwohls dienen und deren Ursprung auf den ersten Blick nothwendig auf Uebereinkunft oder Staatsgewalt zurückweisen scheint, sind ursprünglich nicht das Resultat von Uebereinkommen, Vertrag, Gesetz oder besonderer Rücksichtnahme der einzelnen Individuen auf das öffentliche Interesse, sondern die Resultante individuellen Interessen dienender Bestrebungen.

Dass in diesen „organischen“ Werdeprocess die legislative Gewalt nicht selten eingreift und solcherart die Ergebnisse desselben beschleunigt oder modificirt, ist klar. Für die ersten Anfänge der Gesellschaftsbildung mag, entsprechend den thatsächlichen Grundlagen, die unreflectirte Entstehung der socialen Phänomene die ausschliesslich massgebende sein. Im Laufe der Gesellschafts-Entwickelung tritt das zielbewusste Eingreifen der öffentlichen Gewalten in die gesellschaftlichen Verhältnisse immer deutlicher zu Tage; es treten neben die aus „organischem“ Wege entstandenen Institutionen solche, welche das Resultat zweckbewussten gesellschaftlichen Handelns sind; Institutionen, welche auf organischem Wege entstanden sind, finden ihre Fortbildung und Neugestaltung durch die den socialen Zielen zugewandte zweckbewusste Thätigkeit der öffentlichen Gewalten. Das heutige Geld- und Marktwesen, das heutige Recht, der moderne Staat u.s.f. bieten eben so viele Beispiele von Institutionen, welche sich uns als Ergebniss der combinirten Wirksamkeit individual- und social-teleologischer Potenzen oder, mit anderen Worten, „organischer“ und „positiver“ Factoren darstellen.[20]

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Die unmittelbaren Bedürfnisse eines jeden wirthschaftenden Subjectes sind nun aber jeweilig durch seine eigenthümliche Natur und bisherige Entwickelung (durch seine Individualität), die ihm unmittelbar verfügbaren durch die jeweilige ökonomische Sachlage streng gegeben. Unser unmittelbarer Bedarf und die uns unmittelbar verfügbaren Güter sind in Rücksicht auf jede Gegenwart unserer Willkür entrückte, gegebene Thatsachen, und der Ausgangspunkt und der Zielpunkt jeder concreten menschlichen Wirthschaft ist somit in letzter Linie durch die jeweilige ökonomische Sachlage streng determiniert.[21]

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Was das Geld von allen übrigen Objekten des Güterverkehrs unterscheidet, sind dessen Tauschvermittelungsfunktion und die Konsekutivefunktionen derselben.

Hier, in diesem praktisch überaus bedeutsamen Umstande, (nicht aber in dem Umstande, dass das Geld angeblich keine „Ware“ sei), liegt nicht nur das Wesen, sondern zugleich die Erklärung des Unterschiedes zwischen dem Gelde und allen übrigen Objekten des Güterverkehrs, die Erklärung der Eigenart des Geldes im Kreise der übrigen Güter. Diejenigen, welche bei Behandlung der Frage, „ob das Geld eine Ware sei“, nicht die Natur des Geldes und seine Stellung im Kreise der übrigen Verkehrsobjekte ins Auge fassen, sondern von irgendeiner bestimmten Definition des kontroversen Begriffs des Geldes und von einem solchen des mehrdeutigen Begriffs der Ware ausgehen und untersuchen, ob der erstere unter den letzteren widerspruchslos subsumiert werden könne, verkennen die wahre Natur des obigen Problems und dessen Bedeutung für die Theorie des Geldes.[22]

**

… ein doppelter Irrtum: einerseits der populäre Irrtum, dass bei einem Güteraustausche beide Teile das gleiche erhalten müssten, widrigenfalls der eine Teil ebensoviel verliere, als der andere gewinne; andererseits der bei den Wirtschaftstheoretikern, die dem Gelde eine besondere Funktion als Preismesser zuschreiben, nicht weniger verbreitete Irrtum, dass der Wert der Güter, welche ausgetauscht werden sollen, vorher (vor dem Austausche!) durch das Geld gemessen werden könne und gemessen werden müsse, damit überhaupt ein normaler Güteraustausch zustande komme (die geforderte Gleichheit des Wertes der auszutauschenden Güter realisiert werde).

Die erstere Meinung widerspricht vor allem den Absichten, welche die wirtschaftenden Menschen erfahrungsgemäss bei Güterumsätzen verfolgen. Sie nehmen aller Regel nach Tauschakte nur dann vor, wenn jeder der beiden Kontrahenten die Aussicht hat, aus denselben einen Vorteil für seine Wirtschaft (für seine Versorgung mit Gütern) zu ziehen und nur innerhalb der durch diese Rücksicht gebotenen Grenzen. Eine „Wertgleichheit“ der Tauschgüter herzustellen, in welchem Sinne dieselbe auch immer aufgefasst werden mag, ist nicht das Ziel der Tauschenden. Die wirtschaftenden Menschen verfolgen nicht die Absicht, gleichwertige Bedürfnisse befriedigende Güter (Aristoteles), gleiche „Nützlichkeiten“ (Condillac), gleiche in den Gütern enthaltene „Arbeitsmengen“ (Ricardo) oder eben solche „Produktionskosten“ (J.B. Say), für beide Tauschende gleichwertige Dienste (Bastiat), „Güter von gleicher gesamtwirtschaftlicher Nützlichkeit“ (Goldschmidt), oder wohl gar „gleiche Quantitäten fungiblen, von den Gütern umschlossenen Gebrauchswertes“ (Knies) auszutauschen. Beide Kontrahenten tauschen vielmehr normalerweise, um die Befriedigung ihrer Bedürfnisse besser und vollständiger zu sichern, als dies ohne das Tauschgeschäft der Fall sein würde, bzw. um einen Gewinn zu erzielen.

Das Streben der Wirtschaftssubjekte und zwar beider Kontrahenten, gleichwie durch alle übrigen Akte der Wirtschaft, auch durch den Güteraustausch, einen ökonomischen Vorteil zu erzielen, ist indes nicht nur die wahre Ursache für die Entstehung des Güteraustausches, sondern zugleich die für die Preisbildung massgebende Rücksicht. Jeder der beiden Kontrahenten gewährt dem anderen im Austausche gegen dessen Güter nur eine solche Quantität seiner eigenen Güter, dass er, den obigen Zweck zu erreichen, Aussicht hat. Er bietet und leistet für die einzutauschenden Güter normalerweise nur solche Quantitäten seines Gutes, dass er dabei einen ökonomischen Vorteil zu realisieren vermag, wobei sich der Preiskampf im wesentlichen nur um das mehr oder weniger des von jedem der beiden Teile zu erzielenden Vorteils bewegt, bzw. bewirkt, dass das betreffende Tauschgeschäft überhaupt nicht zustande kommt. Die effektiven Güterpreise sind das Endergebnis, nicht die Voraussetzung des obigen Prozesses der Preisbildung.[23]

**

Ebenso beruht die unter den Juristen und den Volkswirten vielfach verbreitete Meinung, dass das Geld durch den Zwangskurs schlechthin vervollkommnet bzw. „in seinem Begriffe vollendet werde“, auf einem Missverständnisse. Indem der Staat einer bestimmten Geldsorte oder einer Anzahl von solchen, den Zwangskurs verleiht (die Annahmepflicht derselben zum Nominalwerte seitens des Gläubigers bei der Solution von Geldschulden gesetzlich normiert), vervollkommnet er (vom Standpunkte der Judikatur) diese Geldsorte unzweifelhaft in ihrer Eigenschaft als Zahlungsmittel. Die Assignaten und Mandaten der französischen Revolution, hinter deren Zwangskurs die Guillotine und eine Reihe gesetzlicher Bestimmungen standen, die jeden Versuch der Gläubiger, den Wirkungen des Zwangskurses zu entschlüpfen, vereiteln sollten, waren vom Standpunkte der Judikatur und etwa noch der Schuldner, die ihrem Kreditbedürfnisse bereits genügt hatten, unzweifelhaft geradezu ideale „Zahlungsmittel“. Ob auch ideales Geld? Das ist keine juristische, sondern eine ökonomische Frage, welche die Geschichte des Geldes beantwortet hat, aus der wir wissen, dass diese vom Standpunkte der Judikatur und von dem der Verpflichteten so vortrefflichen „gesetzlichen Zahlungsmittel“, trotz aller Gesetze und aller Gewaltmassregeln des Staates, schliesslich, und zwar infolge der „Verkehrskonvenienz“, überhaupt aufhörten, allgemein gebräuchliche Tauschmittel (usuelles Geld!), also Geld im ökonomischen Sinne des Wortes zu sein.[24]

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Der Zwangskurs hat in diesen Fällen nicht etwa den Zweck, ein normal funktionierendes einheitliches Geldwesen zu schaffen oder dessen Entstehung und Ausgestaltung zu fördern, sondern (unter Preisgebung der Zwecke, denen ein normales Geldwesen dient, zumeist sogar unter Preisgebung der Stabilität der Rechtsverhältnisse) gewisse, pathologisch gewordene Geldsorten zu einem ihren wahren Wert übersteigenden, fiktiven Werte dem Verkehre aufzunötigen.

Die Ansicht, dass in diesen, keineswegs etwa exzeptionellen, sondern den hauptsächlichen Fällen des Zwangskurses das Geldwesen eines Landes vervollkommnet oder gar „in seinem Begriffe vollendet“ werde, ist schlechterdings unhaltbar.[25]

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Man könnte das verkünstelte Geldwesen unserer Zeit mit einer grossen Siechenanstalt vergleichen. Alle Länder Europas und Amerikas haben heutzutage ein verkünsteltes Geldwesen, welches sich von dem natürlichen entfernt. Auch wir Oesterreicher haben ein Geldwesen, welches nichts weniger, als mustergiltig ist. Aber dort, wo man uns hinweisen will, in die deutsche oder französische Abtheilung des Siechenhauses, gehören wir nicht hinein. (Heiterkeit.) Wir haben unsere eigenen Uebelstände, wir werden die Valuta nach unseren Beschwerden und Krankheiten reguliren, wir werden vielleicht zu einer hinkenden Währung österreichischen Systems gelangen (Heiterkeit) aber nicht zu einer hinkenden Währung deutschen oder französischen Systems.[26]

**

In immer weiteren Kreisen der nationalökonomischen Theoretiker hat die Ueberzeugung Wurzel gefaßt, daß die Erscheinungen der Volkswirthschaft nicht das Ergebniß von Gesetzen seien, deren Wirksamkeit sich unabhängig von dem Willen und den Strebungen der wirthschaftenden Menschen geltend machen, daß vielmehr die complicirten Erscheinungen der menschlichen Wirthschaft, welche gemeiniglich als volkswirthschaftliche bezeichnet werden, Gesammtergebnisse, Resultirende, der zahllosen Einzelbestrebungen handelnder (wirthschaftender) Menschen und ihrer organisierten Verbände sind. Keine wirthschaftliche Erscheinung, welche in letzter Linie nicht ihren Ausgangspunkt und ihr Maß in dem wirthschaftenden Menschen und seinen ökonomischen Erwägungen fände. Hierin liegt die Bedeutung der Werthlehre für die neuere National-Oekonomie.[27]

[1] Carl Menger, Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, in: Carl Menger, Gesammelte Werke, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1968, Bd.1, 1.

[2] ebd., 21f.

[3] ebd., 26.

[4] ebd., 85.

[5] ebd., 85f.

[6] ebd., 107f.

[7] ebd., 113f.

[8] ebd., 120.

[9] ebd., 147.

[10] ebd., 151.

[11] ebd., 219.

[12] ebd., 226.

[13] Untersuchungen über die Methode der Socialwissenschaften, und der Politischen Oekonomie insbesondere, Ueber die Nationalökonomie als theoretische Wissenschaft und ihr Verhältnis zu den historischen und praktischen Wissenschaften von der Volkswirtschaft, in: Carl Menger, Gesammelte Werke, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1969, Bd.2, 35.

[14] ebd., 44f.

[15] ebd., 74f.

[16] ebd., 86f.

[17] Untersuchungen über die Methode der Socialwissenschaften, und der Politischen Oekonomie insbesondere, Das organische Verständniss der Socialerscheinungen, in: Carl Menger, Gesammelte Werke, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1969, Bd.2, 163f.

[18] ebd., 176.

[19] ebd., 179.

[20] ebd., 180f.

[21] Untersuchungen über die Methode der Socialwissenschaften, und der Politischen Oekonomie insbesondere, Anhang VI, in: Carl Menger, Gesammelte Werke, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1969, Bd.2, 263.

[22] Schriften über Geld und Währungspolitik, Geld, in: Carl Menger, Gesammelte Werke, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1970, Bd.4, 25.

[23] ebd., 62f.

[24] ebd., 100.

[25] ebd., 104f.

[26] Schriften über Geld und Währungspolitik, Von unserer Valuta, in: Carl Menger, Gesammelte Werke, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1970, Bd.4, 301.

[27] Nationalökonomische Literatur in Oesterreich, in: Wiener Zeitung, 7. März 1887, 2.

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