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Wiener Schule der Ethik: Epikur

Rahim Taghizadegan am 3. September 2015

Eine naturgemäße Ethik hat die Maximierung der je eigenen Lust, die Pflege der Freundschaft sowie den Gleichklang der Seele im Sinn. Damit
das gute und angstfreie Leben gelingt, ist es auf vernunftgemäße, schöne
und gerechte Art zu führen.

Epikur (geb. 341 v. Chr. auf Samos; gest. 270/271 v. Chr. in Athen)

Ausgewählte Werke:

  • Fragmente. In: Olof Gigon (Hrsg.). Epikur. Von der Überwindung der Furcht, 3. Auflage. Zürich: Artemis, 1983 und Fritz Jürß, Reimar Müller & Ernst Günther Schmidt (Hrsg.). Griechische Atomisten. Texte und Kommentare zum materialistischen Denken der Antike, 4. Auflage. Leipzig: Reclam, 1977

Katechismus (von gr. katechein, „von oben herabtönen“, „unterrichten“; es handelt sich um eine Fragmentsammlung zur Ethik, die wahrscheinlich von Schülern Epikurs angefertigt wurde)

Was glückselig und unvergänglich ist, hat weder selber Sorgen, noch bereitet es anderen solche. Es hat also weder mit Zorn noch mit Gunst etwas zu schaffen; denn alles Derartige gehört zur Schwäche.

Der Tod geht uns nichts an. Denn was sich aufgelöst hat, hat keine Empfindung. Was aber keine Empfindung hat, geht uns nichts an.

Grenze der Größe der Lustempfindungen ist die Beseitigung alles Schmerzenden. Wo immer das Lusterzeugende vorhanden ist, da findet sich, solange es gegenwärtig ist, nichts Schmerzendes oder Betrübendes oder beides zusammen.

Das Schmerzende verweilt nicht lange Zeit gleichmäßig im Fleische, sondern, sofern es aufs äußerste schmerzt, ist es nur ganz kurze Zeit gegenwärtig, sofern es aber das Lusterzeugende im Fleische bloß überwiegt, dauert es nicht viele Tage. Langandauernde Schwächezustände schließlich zeigen ein Überwiegen des Lusterregenden im Fleische über das Schmerzende.

Es ist nicht möglich, lustvoll zu leben, ohne daß man vernunftgemäß, schön und gerecht lebt, noch vernunftgemäß, schön und gerecht ohne lustvoll zu leben. Wer dies nicht besitzt, der kann nicht lustvoll leben.

Keine Lust ist an sich ein Übel. Aber das, was bestimmte Lustempfindungen erzeugt, bringt Beschwerden mit sich, die die Lustempfindungen um ein Vielfaches übersteigen.

Wenn wir nicht beunruhigt würden durch den Verdacht, es möchten uns die Himmelserscheinungen und der Tod irgend etwas angehen, ferner durch die Tatsache, daß wir die Grenzen von Schmerz und Begierde nicht kennen, dann bedürften wir der Naturwissenschaft nicht.

Es ist nicht möglich, sich von der Furcht hinsichtlich der wichtigsten Dinge zu befreien, wenn man nicht begriffen hat, welches die Natur des Alls ist, sondern sich durch die Mythen beunruhigen läßt. Es ist also nicht möglich, ohne Naturwissenschaft ungetrübte Lustempfindungen zu erlangen.

Um vor den Menschen sicher zu sein, steht als ein naturgemäßes Gut Herrschaft und Königtum zur Verfügung, mit deren Hilfe man sich zuweilen jene Sicherheit verschaffen kann.

Manche wollten berühmt und angesehen werden und meinen, sich auf diese Weise die Sicherheit vor den Menschen verschaffen zu können. Ist nun das Leben solcher Menschen tatsächlich sicher geworden, so haben sie das naturgemäße Gut erlangt. Ist es aber nicht sicher geworden, so besitzen sie nicht, wonach sie ursprünglich der Natur entsprechend strebten.

Mag auch die Sicherheit vor den Menschen bis zu einem gewissen Grade zu erlangen sein durch eine fest gegründete Macht und durch Wohlhabenheit, so entsteht doch die reinste Sicherheit durch ein ruhiges und von der Menge abgesondertes Dasein.

Nur in wenigem gerät dem Weisen der Zufall herein, das Größte und Wichtigste aber hat die Überlegung geordnet und tut es während der ganzen Zeit des Lebens und wird es tun.

Das gerechte Leben ist von Unruhe am freiesten, das ungerechte aber ist voll von jeglicher Unruhe.

Der naturgemäße Reichtum ist begrenzt und leicht zu beschaffen, der durch eitles Meinen erstrebte läuft dagegen ins Grenzenlose aus.

Sowie einmal das Schmerzende des Mangels beseitigt ist, mehrt sich die Lustempfindung im Fleische nicht mehr, sondern wird bloß mannigfaltiger.

Für das Fleisch liegen die Grenzen der Lust im Unbegrenzten, und es bedürfte unbegrenzter Zeit, um sie zu beschaffen. Das Denken aber, das die Einsicht in das Ziel und die Grenze des Fleisches erlangt und die Ängste hinsichtlich der Ewigkeit zerstreut hat, beschafft das vollkommene Leben und bedarf nicht mehr weiter der unbegrenzten Zeit.

Wer die Grenzen des Lebens begriffen hat, weiß, daß jenes leicht zu beschaffen ist, was das Schmerzende des Mangels beseitigt und das gesamte Leben zu einem vollkommenen macht. Darum bedarf er keiner Veranstaltungen, die Kämpfe mit sich bringen.

Alle jene Begierden, die nicht zu etwas Schmerzendem führen, wenn sie nicht erfüllt werden, gehören nicht zu den notwendigen, und das entsprechende Verlangen ist leicht wegzuschaffen, wenn es sich erweist, daß die Erfüllung schwer zu bewerkstelligen ist oder Schaden stiftet.

Von allem, was die Weisheit zur Glückseligkeit des ganzen Lebens bereit hält, ist weitaus das Größte die Erwerbung der Freundschaft.

Von den Begierden sind die einen natürliche und notwendige, die anderen natürliche, aber nicht notwendige, die dritten weder natürliche noch notwendige, sondern auf Grund leeren Meinens entstehend.

Wenn bei jenen natürlichen Begierden, die nicht zu Schmerzendem führen, wenn sie nicht erfüllt werden, dennoch das angespannte Bemühen bestehen bleibt, so sind sie aus leerem Meinen entstanden, und wenn sie sich nicht auflösen, so liegt dies nicht an ihrer Natur, sondern am leeren Meinen des Menschen.

Die natürliche Gerechtigkeit ist eine Abmachung über das Zuträgliche, um einander gegenseitig weder zu schädigen noch sich schädigen zu lassen.

Für alle jene Lebewesen, die keine Verträge darüber schließen konnten, einander gegenseitig weder zu schädigen noch sich schädigen zu lassen, gibt es keine Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit. Ebenso auch bei den Völkern, die Verträge, einander gegenseitig weder zu schädigen noch sich schädigen zu lassen, entweder nicht schließen konnten oder nicht wollten.

Es gibt keine Gerechtigkeit an und für sich, sondern sie ist ein im gegenseitigen Verkehr an den beliebigsten Orten und Zeiten geschlossener Vertrag, einander gegenseitig weder zu schädigen noch sich schädigen zu lassen.

Die Ungerechtigkeit ist nicht ein Übel an sich, sondern nur durch die mißtrauische Angst, es möchte nicht gelingen, den dazu bestellten Züchtigern verborgen zu bleiben.

Wer heimlich sich vergeht gegen den Vertrag, einander gegenseitig weder zu schädigen noch sich schädigen zu lassen, der wird sich nie darauf verlassen können, daß er verborgen bleiben werde, auch wenn er im Augenblick tausendmal verborgen bleibt. Denn ob er es auch bis zum Tode bleiben wird, ist ungewiß.

Im Bezug auf das Gemeinwesen ist die Gerechtigkeit für alle dasselbe; denn sie ist ja das Zuträgliche in der gegenseitigen Gemeinschaft. Dagegen ergibt sich je nach den Verschiedenheiten des Landes und der sonstigen Bedingungen nicht für alle dasselbe als gerecht.

Was unter dem, was für gerecht gehalten wird, sich auch tatsächlich als zuträglich erweist für die Bedürfnisse der gegenseitigen Gemeinschaft, das nimmt den Ort der Gerechtigkeit ein, mag es für alle dasselbe sein oder nicht. Erläßt aber einer ein Gesetz, das nicht als zuträglich für die gegenseitige Gemeinschaft wirkt, dann hat dies nicht mehr die Natur der Gerechtigkeit. Und wenn das im Sinne des Zuträglichen Gerechte sich verändert, aber doch eine Zeit hindurch jener Vorstellung entsprach, so war es eben nichtsdestoweniger für jene Zeit gerecht für alle jene, die sich nicht durch leere Worte selbst verwirren, sondern auf die Tatsachen schauen.

Wer sich gegen das Bedrohende in den äußeren Verhältnissen am besten zu rüsten versteht, der macht sich das, was er kann, zu Verbündeten; was er sich nicht zu Verbündeten machen kann, das macht er sich wenigstens nicht zu Fremden; was er nicht einmal so weit bringt, damit tritt er überhaupt nicht in Beziehung und stützt sich auf das, was zu solchem Tun nützlich ist.

Wer die Möglichkeit hat, sich die Zuversicht vor allem den Nachbarn gegenüber zu verschaffen, der lebt mit den Seinigen zusammen auf die lustvollste Weise unter der sichersten Bürgschaft. Und wenn sie die vollste Vertrautheit gewonnen haben, jammern sie nicht über das vorzeitige Ende eines Abgeschiedenen, als ob er Mitleid verdiente. (Artemis 59ff)

Brief an Menoikeus

Wer jung ist, soll nicht zögern zu philosophieren, und wer alt ist, soll nicht müde werden im Philosophieren. Denn für keinen ist es zu früh und für keinen zu spät, sich um die Gesundheit der Seele zu kümmern. Wer behauptet, es sei noch nicht Zeit zu philosophieren oder die Zeit sei schon vorübergegangen, der gleicht einem, der behauptet, die Zeit für die Glückseligkeit sei noch nicht oder nicht mehr da. Darum soll der Jüngling und der Greis philosophieren, der eine, damit er im Alter noch jung bleibe an Gütern durch die Freude am Vergangenen, der andere, damit er gleichzeitig jung und alt sei durch die Furchtlosigkeit vor dem Künftigen. Wir müssen uns also kümmern um das, was die Glückseligkeit schafft: wenn sie da ist, so besitzen wir alles, wenn sie aber nicht da ist, dann tun wir alles, um sie zu besitzen.

Wozu ich dich dauernd gemahnt habe, das tue auch und kümmere dich darum und begreife es als Elemente des guten Lebens.

Erstens halte Gott für ein unvergängliches und glückseliges Lebewesen, so wie die allgemeine Vorstellung von Gott im Menschen angelegt ist, und hänge ihm nichts an, was seiner Unvergänglichkeit fremd oder seiner Glückseligkeit unangemessen wäre. Glaube vielmehr von ihm alles, was seine Glückseligkeit und Unvergänglichkeit zu sichern vermag. Götter nämlich existieren; denn die Gotteserkenntnis hat sichtbare Gewißheit. Sie sind aber nicht so, wie es die Leute meinen. Denn die Leute halten gar nicht die Gedanken über die Götter fest, die sie haben. Gottlos ist nicht der, der die Götter der Menge beseitigt, sondern der, der den Göttern die Ansichten der Menge anhängt. Denn die Aussagen der Menge über die Götter sind nicht Vorahnungen, sondern falsche Vermutungen. Darum entstehen von den Göttern her die größten Schädigungen für die Schlechten und auch Förderungen (für die Guten). Denn da die Götter durch und durch mit ihren eigenen Tugenden vertraut sind, akzeptieren sie nur Wesen, die ihnen ähnlich sind; doch alles, was nicht derart ist, schließen sie aus als fremd.

Gewöhne dich an den Gedanken, daß der Tod uns nichts angeht. Denn alles Gute und Schlimme beruht auf der Wahrnehmung. Der Tod aber ist der Verlust der Wahrnehmung. Darum macht die rechte Einsicht, daß der Tod uns nichts angeht, die Sterblichkeit des Lebens genußreich, indem sie uns nicht eine unbegrenzte Zeit dazugibt, sondern die Sehnsucht nach der Unsterblichkeit wegnimmt. Denn im Leben gibt es für den nichts Schreckliches, der in echter Weise begriffen hat, daß es im Nichtleben nichts Schreckliches gibt. Darum ist jener einfältig, der sagt, er fürchte den Tod nicht, weil er schmerzen wird, wenn er da ist, sondern weil er jetzt schmerzt, wenn man ihn erwartet. Denn was uns nicht belästigt, wenn es wirklich da ist, kann nur einen nichtigen Schmerz bereiten, wenn man es bloß erwartet.

Das schauerlichste Übel also, der Tod, geht uns nichts an; denn solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr. Er geht also weder die Lebenden an noch die Toten; denn die einen geht er nicht an, und die anderen existieren nicht mehr. Die Menge freilich flieht bald den Tod als das ärgste der Übel, bald sucht sie ihn als Erholung von den Übeln im Leben. Der Weise dagegen lehnt weder das Leben ab noch furchtet er das Nichtleben. Denn weder belästigt ihn das Leben, noch meint er, das Nichtleben sei ein Übel. Wie er bei der Speise nicht einfach die größte Menge vorzieht, sondern das Wohlschmeckendste, so wird er auch nicht eine möglichst lange, sondern eine möglichst angenehme Zeit zu genießen trachten.

Wer aber dazu mahnt, der Jüngling solle edel leben und der Greis edel sterben, der ist töricht, nicht nur weil das Leben liebenswert ist, sondern auch weil die Sorge für ein edles Leben und diejenige für einen edlen Tod eine und dieselbe ist.

Noch viel schlimmer steht es mit dem, der sagt: «Das beste ist, nicht geboren zu sein – wenn man aber geboren ist, so eilig als möglich zu den Toren des Hades zu streben.» Wenn er das nämlich aus Überzeugung sagt, warum scheidet er dann nicht aus dem Leben? Dies steht ihm ja frei, wenn er wirklich zu einem festen Entschlusse gekommen ist. Wenn es aber bloßer Spott ist, so ist es ein einfältiger Spott bei Dingen, die Spott nicht vertragen.

Es ist ferner zu bedenken, daß die Zukunft weder vollständig in unserer Gewalt ist noch vollständig unserer Gewalt entzogen. Wir werden also niemals erwarten, daß das Künftige sicher eintreten wird, noch daran verzweifeln, daß es jemals eintreten werde.

Ferner ist zu beachten, daß die Begierden teils natürliche, teils nichtige sind. Von den natürlichen wiederum sind die einen notwendig, die anderen bloß natürlich. Von den notwendigen endlich sind die einen notwendig zur Glückseligkeit, die anderen zur Ungestörtheit des Leibes, die dritten zum Leben überhaupt. Eine unverwirrte Betrachtung dieser Dinge weiß jedes Wählen und Meiden zurückzuführen auf die Gesundheit des Leibes und die Beruhigtheit der Seele; denn dies ist die Erfüllung des seligen Lebens. Um dessentwillen tun wir nämlich alles: damit wir weder Schmerz noch Verwirrung empfinden. Sobald einmal dies an uns geschieht, legt sich der ganze Sturm der Seele. Das Lebewesen braucht sich dann nicht mehr aufzumachen nach etwas, was ihm noch fehlte, und nach etwas anderem zu suchen, durch das das Wohlbefinden von Seele und Leib erfüllt würde. Dann nämlich bedürfen wir der Lust, wenn uns die Abwesenheit der Lust schmerzt. Wenn uns aber nichts schmerzt dann bedürfen wir der Lust nicht mehr.

Darum nennen wir auch die Lust Anfang und Ende des seligen Lebens. Denn sie haben wir als das erste und angeborene Gut erkannt, von ihr aus beginnen wir mit allem Wählen und Meiden, und auf sie greifen wir zurück, indem wir mit der Empfindung als Maßstab jedes Gut beurteilen. Und eben weil sie das erste und angeborene Gut ist, darum wählen wir auch nicht jede Lust, sondern es kommt vor, daß wir über viele Lustempfindungen hinweggehen, wenn sich für uns aus ihnen ein Übermaß an Lästigem ergibt. Wir ziehen auch viele Schmerzen Lustempfindungen vor, wenn uns auf das lange dauernde Ertragen der Schmerzen eine größere Lust nachfolgt. Jede Lust also, da sie eine uns angemessene Natur hat, ist ein Gut, aber nicht jede ist zu wählen; wie auch jeder Schmerz ein Übel ist, aber nicht jeder muß natürlicherweise immer zu fliehen sein. Durch wechselseitiges Abmessen und durch die Beachtung des Zuträglichen und Abträglichen vermag man dies alles zu beurteilen. Denn zu gewissen Zeiten gehen wir mit dem Gut um wie mit einem Übel und mit dem Übel wiederum wie mit einem Gute.

Wir halten auch die Selbstgenügsamkeit für ein großes Gut, nicht um uns in jedem Falle mit Wenigem zu begnügen, sondern damit wir, wenn wir das Viele nicht haben, mit dem Wenigen auskommen, in der echten Überzeugung, daß jene den Überfluß am süßesten genießen, die seiner am wenigsten bedürfen, und daß alles Naturgemäße leicht, das Sinnlose aber schwer zu beschaffen ist, und daß bescheidene Suppen ebensoviel Lust erzeugen wie ein üppiges Mahl, sowie einmal aller schmerzende Mangel beseitigt ist, und daß Wasser und Brot die höchste Lust zu verschaffen vermögen, wenn einer sie aus Bedürfnis zu sich nimmt. Sich also zu gewöhnen an einfaches und nicht kostspieliges Essen verschafft nicht nur volle Gesundheit, sondern macht den Menschen auch unbeschwert gegenüber den notwendigen Verrichtungen des Lebens, bringt uns in eine zufriedenere Verfassung, wenn wir in Abständen uns einmal an eine kostbare Tafel begeben, und erzeugt Furchtlosigkeit vor den Wechselfällen des Zufalls. Wenn wir also sagen, daß die Lust das Lebensziel sei, so meinen wir nicht die Lüste der Wüstlinge und das bloße Genießen, wie einige aus Unkenntnis und weil sie mit uns nicht übereinstimmen oder weil sie uns mißverstehen, meinen, sondern wir verstehen darunter, weder Schmerz im Körper noch Beunruhigung in der Seele zu empfinden. Denn nicht Trinkgelage und ununterbrochenes Schwärmen und nicht Genuß von Knaben und Frauen und von Fischen und allem anderen, was ein reichbesetzter Tisch bietet, erzeugt das lustvolle Leben, sondern die nüchterne Überlegung, die die Ursachen für alles Wählen und Meiden erforscht und die leeren Meinungen austreibt, aus denen die schlimmste Verwirrung der Seele entsteht.

Für all dies ist der Anfang und das größte Gut die Einsicht. Darum ist auch die Einsicht noch kostbarer als die Philosophie. Aus ihr entspringen alle übrigen Tugenden, und sie lehrt, daß es nicht möglich ist, lustvoll zu leben ohne verständig, schön und gerecht zu leben, noch auch verständig, schön und gut, ohne lustvoll zu leben. Denn die Tugenden sind von Natur verbunden mit dem lustvollen Leben, und das lustvolle Leben ist von ihnen untrennbar.

Denn schließlich, wen könntest du höher stellen als jenen, der über die Götter fromme Gedanken hat und der hinsichtlich des Todes vollkommen ohne Furcht ist, der das Endziel der Natur begriffen hat und der verstanden hat, daß die oberste Grenze des Guten leicht zu erfüllen und leicht zu beschaffen ist, daß aber die oberste Grenze des Übels entweder der Zeit oder dem Schmerze nach nur schmal ist?

Die Notwendigkeit aber, die einige als Herrin von allem einführen, (verwirft er als leere Meinung). Denn besser wäre es, sich dem Mythos von den Göttern anzuschließen, als sich zum Sklaven der Schicksalsnotwendigkeit der Naturphilosophen zu machen. Denn der Mythos deutet die Hoffnung an, daß die Götter durch die ihnen erwiesenen Ehren beeinflußbar seien; das Schicksal aber hat eine unerbittliche Notwendigkeit.

Den Zufall aber hält der Weise weder für eine Gottheit, wie es die Menge tut – denn Gott tut nichts auf ungeordnete Weise – noch hält er ihn für eine unstete Ursache; denn er glaubt nicht, daß durch ihn Gutes und Übles zum glückseligen Leben den Menschen gegeben werde, wohl aber, daß er den Ausgangspunkt großer Güter und Übel bilde. Für besser hält er es, mit vernünftiger Überlegung Unglück zu haben als ohne Überlegung Glück zu haben. Denn schöner ist es, wenn beim Handeln der rechte Entschluß (nicht zur rechten Erfüllung kommt, als wenn ein unrechter Entschluß) durch den Zufall zu rechter Erfüllung gelangt.

Dieses und was dazu gehört, überdenke Tag und Nacht in dir selber und zusammen mit dem, der deinesgleichen ist. Dann wirst du niemals, weder im Wachen noch im Schlafen, beunruhigt werden, und du wirst unter den Menschen leben wie ein Gott. Denn keinem sterblichen Wesen gleicht der Mensch, der inmitten unsterblicher Güter lebt.  (Artemis 100ff)

Epikureische Spruchsammlung (Artemis 106-113)  

Ein Übel ist der Zwang, aber es besteht kein Zwang, unter Zwang zu leben.

Wir sind ein einziges Mal geboren. Zweimal geboren zu werden ist nicht möglich. Die ganze Ewigkeit hindurch werden wir nicht mehr sein. Du aber bist nicht Herr des morgigen Tages und verschiebst immerzu das Erfreuende. Das Leben geht mit Aufschieben dahin, und jeder von uns stirbt, ohne Muße gefunden zu haben.

Keiner sieht ein Übel und wählt es, sondern man läßt sich täuschen, weil man es im Vergleich mit einem anderen noch größeren Übel für ein Gut hält, und wird eingefangen.

Man soll nicht das Vorhandene beschmutzen durch die Begierde nach dem Nichtvorhandenen, sondern bedenken, daß auch das Vorhandene zu dem Wünschenswerten gehörte.

Nicht der Jüngling ist selig zu preisen, sondern der Greis, der gut gelebt hat. Denn wer jung an Jahren ist, wird vielfach vom Zufall hin und her getrieben und wechselt seine Gedanken. Der Greis aber ist ins Alter eingefahren wie in einen Hafen und hält die Güter, auf die er früher nicht zu hoffen wagte, in heiterem Gedenken sicher verschlossen.

Jede Freundschaft ist um ihrer selbst willen zu wählen. Ihr Ursprung freilich besteht im Nutzen.

Weder wer in allem nur den Nutzen sucht, ist ein Freund, noch der, der überhaupt nie mit der Freundschaft den Nutzen verknüpft. Denn der eine verkauft sein Wohlwollen gegen Entgelt, der andere schneidet die zuversichtliche Erwartung des Künftigen ab.

Man muß gleichzeitig lachen und philosophieren und sein Haus verwalten und alles übrige tun, was einem vertraut ist, und niemals aufhören, die Worte der wahren Philosophie hören zu lassen.

Die Naturwissenschaft macht die Menschen nicht zu geschäftigen Prahlern und Schwätzern und nicht zu solchen, die die von der Menge hochgeschätzte Bildung zur Schau stellen, sondern zu Selbstbewußten und Selbstgenügsamen, die nicht auf den Wert der äußeren Dinge, sondern auf ihre eigenen Güter stolz sind.

Man muß versuchen, den nächsten Tag immer besser zu machen als den vorangehenden, solange wir auf dem Wege sind; sind wir aber an die Grenze gekommen, dann in gleichmäßiger Freude zu sein.

Ich habe vernommen, daß bei dir die Bewegung des Fleisches nach dem Genusse der Liebe besonders heftig drängt. Wenn du nun den Gesetzen nicht zuwiderhandelst, die gute gegebene Sitte nicht verletzest, keinen von deinen Nächsten betrübst, das Fleisch nicht aufreibst und das zum Leben Notwendige nicht verbrauchst, dann folge deinem Wunsche, wie du willst. Es ist allerdings undenkbar, daß du nicht an eine der genannten Schwierigkeiten stößt. Denn die Liebesdinge haben noch niemals genützt; man muß zufrieden sein, wenn sie nicht geschadet haben.

Die Freundschaft tanzt den Reigen um die Welt und ruft uns allen zu, aufzuwachen zum Preise des glückseligen Lebens.

Man soll niemanden beneiden. Denn die Guten verdienen den Neid nicht und die Schlechten schaden sich selber um so mehr, je mehr sie Glück haben.

Man soll nicht vorgeben zu philosophieren, sondern wirklich philosophieren. Denn wir bedürfen nicht des Anscheins der Gesundheit, sondern wirklicher Gesundheit.

Befreien muß man sich aus dem Gefängnis der Geschäfte und der Politik.

Nicht der Bauch ist unersättlich, wie die Leute meinen, sondern die falsche Vorstellung von dem unbegrenzten Anfüllen des Bauches.

Das Lob der anderen muß von selbst folgen. Wir müssen uns nur mit unserer eigenen Heilung befassen.

Tue nichts im Leben, was dir Angst machen wird, wenn es dein Nächster bemerkt.

Der größte Lohn der Selbstgenügsamkeit ist die Freiheit.

Der Edle kümmert sich am meisten um Weisheit und Freundschaft. Davon ist diese ein vergängliches, jene ein unvergängliches Gut.

Wer in sich selbst beruhigt ist, der beunruhigt auch den anderen nicht.

Fragmente (Artemis 116-119)

Der Weise wird sich nicht an der Politik beteiligen und nicht Herrscher sein wollen.

Epikur lehrt: Der Weise wird nicht in den Staat eingreifen, wenn er nicht dazu gezwungen wird. Zenon lehrt: Der Weise wird in den Staat eingreifen, wenn er nicht daran gehindert wird.

Zur Weisheit gehört es, zu beten: nicht als ob die Götter zürnen würden, wenn wir es unterlassen, sondern in dem Gedanken, daß es sich um Naturen handelt, die uns an Kraft und Klugheit überlegen sind.

Der Weise wird nicht leben wie ein Kyniker und nicht betteln.

Auch wenn der Weise des Augenlichts beraubt wird, wird er sein Leben für lebenswert halten.

Wird der Weise etwas tun, was die Gesetze verbieten, wenn er weiß, daß es verborgen bleiben wird? Eine einfache Antwort hierauf zu geben ist nicht leicht.

Der Weise wird unter bestimmten Umständen auch heiraten und Kinder zeugen.

Der Weise wird gerne Schauspieler sehen und sich so gut wie nur irgend jemand an dionysischen Vorstellungen und musikalischen Genüssen erfreuen, aber musiktheoretischen Diskussionen und gelehrten Untersuchungen wird er nicht einmal beim Weine eine Stelle einräumen.

Ich preise dich selig, mein Apelles, daß du dich rein von aller Bildung zur Philosophie aufgemacht hast. (Aus dem Lehrbrief an Apelles)

Jede Bildung fliehe, mein Glücklicher, mit gespannten Segeln. (Aus dem Brief an Pythokles)

Ich habe mich niemals darum bemüht, den Leuten zu gefallen. Denn was jenen gefiel, habe ich nicht gelernt, und was ich mir angeeignet habe, das lag weit ab vom Begreifen der Leute. (Aus einem Brief an einen unbekannte Adressaten)

Fragmente (Artemis 162-168)

Durch tierische Tätigkeit wird zwar eine Masse von Besitz aufgehäuft, dafür aber ein jammervolles Leben geführt.

Man muss nicht darüber nachdenken, wie man sich etwas Notwendiges beschaffen könne, sondern eher wie wir in Zuversicht leben können, ohne es uns zu beschaffen.

Wer am wenigsten des Morgen bedarf, der geht am heitersten dem Morgen entgegen.

Die Tugenden wählt man wegen der Lust, nicht wegen ihrer selbst, so wie auch die Medizin wegen der Gesundheit.

Auch Epikur erklärt, wenn man die Tugend habe, dann sei man glückselig, aber die Tugend selber sei nicht hinreichend zum glückseligen Leben; denn dieses würde hervorgebracht durch die Lust, die aus der Tugend entstünde, nicht durch die Tugend selber … Auch leugnet er, daß es irgendeine Tugend geben könne ohne Lust.

Ich spucke auf das Edle und auf jene, die es in nichtiger Weise anstaunen, wenn es keine Lust erzeugt.

Wenn alles auf das Edle bezogen wird, ohne daß man die Lust dazunimmt, dann sind dies nach Epikur bloß leere Worte; er verstehe und sehe nicht, was dann mit diesem Begriff gemeint werden solle. Halten wir uns an die Gewohnheit, so heißt nur das edel, was durch das Gerede der Leute gerühmt wird; das ist gewiß zuweilen angenehmer als diese oder jene Lust, wird aber im ganzen doch auch nur wegen der Lust erstrebt.

Man muß eher prüfen, mit wem man ißt und trinkt, als was man ißt und trinkt. Denn ohne einen Freund ist das Leben wie das Fressen von Löwe und Wolf. (Artemis 166)

Glück und Seligkeit liegen nicht in einer Menge Geldes oder in der Gewichtigkeit der Geschäfte oder in Regierungsämtern und Macht, sondern in Schmerzlosigkeit, Ruhe der Leidenschaften und einer Seelenverfassung, die das Naturgemäße umgrenzt.

Lebe im Verborgenen!

Die politische Tätigkeit soll man fliehen als eine Schädigung und den Ruin der Seligkeit.

Man muß darlegen, wie man am besten das Ziel der Natur bewahrt und wie man von Anfang an sich planmäßig hütet vor der Übernahme von Regierungsämtern beim Volke.

Der Weise wird bestimmte Lehren vortragen und nicht bei Aporien bleiben (nicht im Zweifel verharren).

Der Weise hat immer mehr Dinge, die er will, als solche, die er nicht will.

Vatikanische Spruchsammlung (Reclam 303/4)

In einem freien Leben kann man nicht große Reichtümer erwerben. Denn ohne zum Sklaven der Masse oder der Machthaber zu werden, ist das nicht leicht zu machen. Dennoch besitzt man alles in ununterbrochener Fülle. Sollte einem aber einmal zufällig viel Geld zuteil werden, so wäre es leicht, auch dies so zu verteilen, daß man das Wohlwollen seines Nächsten gewinnt.

An alle Begierden muß man die folgende Frage richten: Was geschieht mir, wenn erfüllt wird, was das Begehren erstrebt, und was, wenn es nicht erfüllt wird.

Fragmente (Reclam 306-318)

Die Epikureer versprechen, eine bestimmte Lebenskunst zu vermitteln. Daher sagte Epikur, die Philosophie sei eine Beschäftigung, die durch Gedanken und Diskussionen das glückliche Leben schafft.

Die Epikureer definieren folgendermaßen die Kunst: Die Kunst ist eine Methode, die für das Leben das Nützliche schafft.

Daß die Lust das Lebensziel ist, wird dadurch bewiesen, daß die Lebewesen von Geburt an Gefallen an ihr finden, dagegen dem Schmerz von Natur und unbewußt sich widersetzen.

Der Anfang und die Wurzel alles Guten ist die Lust des Bauches. Denn auch die gelehrten und hochgestochenen Dinge beziehen sich auf sie zurück.

Wir bedürfen dann der Lust, wenn wir wegen ihrer Abwesenheit Schmerz empfinden. Wenn wir aber keinen Schmerz empfinden und in der Empfindung verharren, dann bedürfen wir der Lust nicht. Denn nicht eine natürliche Bedürftigkeit schafft Ungemach von außen, sondern das Begehren, das mit leeren Einbildungen verbunden ist.

Nach Epikur gibt es zwei Güter, aus denen sich jene höchste Glückseligkeit zusammensetzt: Freisein des Körpers von Schmerz und Freisein der Seele von Unruhe. Diese Güter erfahren keinen Zuwachs mehr, wenn sie vollkommen sind. Denn wie kann noch anwachsen, was bereits vollkommen ist? Der Körper ist frei von Schmerz: Was kann zu dieser Schmerzlosigkeit noch hinzukommen? Die Seele ist in sich gefestigt und still: Was kann zu dieser Seelenruhe hinzukommen? So wie ein klarer Himmel nicht noch größere Klarheit empfangen kann, wenn er einmal zu ungetrübtestem Glanz gereinigt ist, so ist der Zustand des Menschen, der für seinen Körper und für seine Seele sorgt und sein Gut aus der Verbindung von beidem gewinnt, vollkommen, und er hat den Gipfel seiner Wünsche erreicht, wenn die Seele von Leidenschaft und der Körper von Schmerz frei ist. Fallen ihm von außen noch Annehmlichkeiten zu, so tragen sie zum höchsten Gut nichts bei, sondern geben ihm gewissermaßen Würze und Annehmlichkeit. Denn jenes vollendete Gut der menschlichen Natur fordert nur den Frieden von Körper und Seele.

Oft habe ich jene, die man die Weisen zu nennen pflegt, gefragt, was sie an Gütern behalten würden, wenn sie jene Dinge (d.h. Lustgefühle) abzögen, vorausgesetzt, daß sie nicht leere Worte von sich geben wollten. Nichts habe ich von ihnen erfahren können. Auch wenn sie mit Tugenden und Weisheiten werden prahlen wollen, werden sie damit nichts anderes bezeichnen als jenen Weg, durch den die obenerwähnten Lustgefühle hervorgerufen werden.

Man soll das sittlich Schöne, die Tugenden und dergleichen schätzen, wenn es Lust hervorruft. Andernfalls soll man es fahrenlassen.

Ich spucke auf das Sittlich-Schöne und auf jene, die es ohne Grund bewundern, wenn es keine Lust erzeugt.

Auch die Freundschaft entsteht aus praktischen Bedürfnissen. Man muß freilich vorher den Grund legen, denn auch in die Erde bringen wir erst Samen. Ihren Bestand aber erhält die Freundschaft durch das gemeinsame Leben derer, die die Fülle der Lust erreicht haben.

Epikur hat es nicht für richtig gehalten, das Vermögen der einzelnen in Gemeineigentum zu überführen gemäß dem Wort des Pythagoras „Freunde haben alles gemeinsam”. Dies sei die Art der Mißtrauischen, und wo Mißtrauen herrsche, gebe es keine Freundschaft.

Epikur, der das Gute in die tiefste Ruhe wie in einen wellenlosen und stillen Hafen verlegt, sagt, daß Gutes zu tun nicht nur schöner, sondern auch lustvoller sei, als Gutes zu erfahren. Denn nichts erzeugt so viel Freude wie die Dankbarkeit.

Der Weise wird unter Umständen auch für den Freund sterben.

Der Weise wird sich nicht am politischen Leben beteiligen und nicht Herrscher sein wollen.

Man muß darlegen, wie man am besten das naturgemäße Endziel im Auge behält und wie man von Anfang an vermeidet, aus freiem Willen öffentliche Ämter anzutreten.

Der Weise wird nicht in den Staatsdienst treten, wenn nicht besondere Umstände eintreten.

Wer der Natur folgt und nicht den leeren Meinungen, der ist in allen Dingen unabhängig. Denn im Hinblick auf das, was der Natur genügt, ist jeder Besitz Reichtum, im Hinblick auf die grenzenlosen Begierden ist auch der größte Reichtum Armut.

Einen glückseligen Tag, der zugleich der letzte meines Lebens ist, verbringend, schreibe ich euch dies. Harnbeschwerden und Ruhr haben sich in solcher Stärke eingestellt, daß sie nicht mehr größer werden können. Alldem steht gegenüber die Freude meines Herzens in Erinnerung an die einst von uns geführten Gespräche. Du aber sorge, wie es deiner Ergebenheit, die du von Jugend an gegen mich und gegen die Philosophie bewiesen hast, würdig ist, für die Kinder des Metrodoros.

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